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Die Tragik des Wilhelm Tell

Zum Rütlischwur vereint: (v.l.n.r.) Thorsten Schmidt, Talisa Lara, Philip Pelzer, Bettina Zobel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Zum Rütlischwur vereint: (v.l.n.r.) Thorsten Schmidt, Talisa Lara, Philip Pelzer, Bettina Zobel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ hatte ein umfangreiches historisches Schauspiel unter der Regie von Johanna Weißert am 26.02.2016 Premiere im Kinder und Jugendtheater in Dortmund.Sie nahm die Herausforderung an, dieses zeitlose Drama um den Freiheit und Selbstbestimmung auch für Jugendliche verständlich und unterhaltsam auf die Bühne zu bringen.

Den Hintergrund dieses Stückes bildet der Unabhängigkeitskampf der Schweizer Urkantone Schwyz, Uri und Unterwalden, die unter der brutalen Besatzungsmacht der Habsburger zu leiden haben. Der Freiheit- und Naturliebende Wilhelm Tell hilft mutig Verfolgten, wo er kann. An einem Aufstand gegen die Besatzer will der zunächst auf Geduld setzende Tell sich nicht beteiligen. Der Eidesschwur der Vertreter der drei Kantone auf der Rütliwiese am Vierwaldstädter See findet so ohne ihn statt.

Als Tell sich weigert, sich zu erniedrigen und dem Hut des Reichsvogtes Gessler die Ehre zu erweisen, zwingt Gessler ihn, mit einem Armbrustschuss den Apfel auf dem Kopf seines eigenen Sohnes zu treffen, um beider Leben zu retten. Er schießt letztendlich und trifft. Jedoch muss er danach gestehen, das er mit einem zweiten Pfeil Gessler ins Herz geschossen hätte, wenn sein Sohn beim ersten Schuss gestorben wäre. Er kommt, entgegen dem Versprechen des Reichsvogtes, in Haft . Erst bei einer Fahrt über den See kann er fliehen. Er kann sich nicht mehr aus dem politischen Geschehen heraus halten.

Das Bühnenbild und die Kostüme von Ulrich Leitner waren zum großen Teil naturalistisch gehalten. Gewaltige Holzstämme bestimmten das Bühnenbild. Die Kleidung der Landbevölkerung war einfach, gleichförmig und volkstümlich gehalten. Reichsvogt Gessler trug eine Militäruniform, die Besatzer trugen Uniformen, die an den Ersten Weltkrieg erinnerten. Die beiden jungen Personen im Stück, Rudenz und Berta von Bruneck, trugen dagegen bunte und modernere Kleidung. So waren die unterschiedlichen Welten auch äußerlich klar voneinander zu unterscheiden.

Im Gegensatz zum naturalistischen Bühnenbild wirkten die aus dem Baumarkt zusammengestellten Alpenhörner mit Schlauchaufsatz wie ein ironischer Bruch.

Die Akustischen und Licht-Effekte bildeten einen gelungenen atmosphärischen Hintergrund. Sturm, Regen, Gewitter, alles wurde für das Publikum erlebbar. Der Einsatz von Kuhglocken passte in das naturalistische Bild.

Der Musikeinsatz von Peter Kirschke war hauptsächlich rhythmisch–akustischer Natur . Nur einmal war die Schweizer Nationalhymne als Symbol der nationalen Einheit zu vernehmen.

Außer Rainer Kleinespel als Wilhelm Tell hatten die fünf anderen Schauspieler/innen gleich mehrere Rollen, sogar als Schaf oder Kuh, zu bewältigen. Sie taten dies mit mit Humor und schau-spielerischem Einfühlungsvermögen.

Rainer Kleinespel überzeugte als freiheitsliebender Tell, dem seine Familie über alles geht. Man sieht ihm die Verzweiflung an, zu einer Gewalttat getrieben worden zu sein.

Andreas Ksienzyk spielte den Reichsvogt in all seiner Arroganz und Grausamkeit, dem es nur darauf ankommt, den freien Willen zu brechen. Bettina Zobel zeigte ebenso wie Philip Pelzer ihre Vielseitigkeit in den Unterschiedlichen Rollen.

Erfrischend in ihrem Spiel waren die jungen Darsteller Talisa Lara und Thorsten Schmidt als Liebespaar. Schmidt als der junge Rudenz mit Verachtung für das festgefahrene Leben auf dem Land und mit Sympathie für das „modernere“ Stadtleben. Erst die Liebe zu Berta von Bruneck bringt einen Sinneswandel bei ihm.

Als Quintessenz wird über dem Stück könnte J.J. Rousseaus Spruch stehen: Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

Weitere Termine und Informationen unter www.theaterdo.de

Alpenwestern-Ambiente bei Wilhelm Tell

Das Ensemble beim Alphornblasen: (v.r.n.l.) Rainer Kleinespel, Andreas Ksienzyk,Bettina Zobel, Talisa Lara, Thorsten Schmidt und Philip Pelzer. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Das Ensemble beim Alphornblasen: (v.r.n.l.) Rainer Kleinespel, Andreas Ksienzyk,Bettina Zobel, Talisa Lara, Thorsten Schmidt und Philip Pelzer. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit ihrer Inszenierung von Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ für das Kinder-und Jugendtheater (Sckellstraße 5-7) in Dortmund will Regisseurin Johanna Weißert einen umfangreichen, komplexen Stoff für Jugendliche und Erwachsene ab 13 Jahren, auch ohne politisch-historisches Hintergrundwissen, auf verständliche Weise näher zu bringen.

Beim Presse-Vorgespräch erklärte Weißert: „Wir versuchen, die komplette Geschichte in anderthalb Stunden komprimiert darzustellen. Dabei konzentrieren wir uns auf die eigentliche Handlung mit ausgewählten Textstellen und sechs klare Hauptfiguren.“ Rainer Kleinespel spielt als Einziger nur den Tell, während die fünf anderen Schauspieler/innen KJT- Ensembles gleich mehrere Rollen übernehmen. Das einfache ländliche Leben mit Volksmusik und Alphorn (aus dem Baumarkt) wird der Welt der Besatzer (Habsburger) und der durch zwei junge Figuren repräsentierten Welt gegenüber gestellt. Daher ist der Stoff spannend und von aktueller Brisanz.

Das 1804 erschienene Geschichtsdrama spielt um 1300 in der Schweiz und behandelt den Freiheitskämpfer der Urkantone. Tell wird als Einzelkämpfer wider Willen zum Tyrannenmörder. Er handelt so, weil er nicht anders kann. „Es geht um die Frage: Welche Stellung innerhalb eines Konflikts nehme ich ein?“, so Weißert. Johanna Weißert erläuterte:„Wilhelm Tell ist ein Außenseiter und Einzelgänger, der seine Entscheidungen selbstständig trifft. Er ist eine brüchige und ambivalente Figur.“ Die Inszenierung hat laut der Regisseurin durchaus auch komische Elemente (ohne Schenkel klopfen).

Die Kostüme sind einfach und der ländlichen Umgebung mit viel Holz auf der Bühne angepasst. „Die Bühne wird ein Alpenwestern-Ambiente vermitteln“,verriet Weißert. Für die Musik im KJT ist wieder einmal Peter Kirschke zuständig.

Die Premiere am am 26.02.2016 um 19 Uhr im KJT ist schon ausverkauft. Weiter Aufführungen , wie zum Beispiel am 28.02.2016 und den Rest der Spielzeit gibt es aber noch Karten zu kaufen.

Achtung! Eine extra Aufführung für Pädagogen findet vorab am 24.02.2016 um 18.00 Uhr statt. Eine Einführung gibt es schon ab 17.30 Uhr.

Weitere Informationen unter www.theaterdo.de