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Line 1 hält jetzt auch in Dortmund

Platz ist in der kleinsten Hütte. Was Bühnenbildnerin Dorothee Schumacher in der Jungen Oper für das Musical „Linie 1“ gezaubert hat, ist ganz große Kunst. Auf engstem Raum wechselte der Ort von U-Bahn-Station bis U-Bahn-Waggon. Dortmund ist halt etwas kleiner als Berlin, aber dafür saßen die Zuschauer ganz nah dran.

„Linie 1“ bringt uns zurück in die 80er Jahre, 1986 um genau zu sein. Die Mauer stand noch. Die Geschichte dreht sich um ein Mädchen, dass seine Heimat in Westdeutschland verlässt, weil ihr Traumprinz Johnnie, ein Rockstar, ihr versprochen hat, für sie da zu sein. Doch als sie in Berlin auftaucht, ist von dem Traumprinzen nichts mehr zu sehen.

Auf der Fahrt mit der U-Bahn lernt das Mädchen verschiedene Menschen kennen. So etwa den Punk Bambi, der ihr bei der Suche nach „Johnnie“ behilflich ist. Es kommt auch zu Begegnungen mit skurrilen Typen wie Bettlern, Schulschwänzerinnen und den berüchtigten Wilmersdorfer Witwen. Dann taucht tatsächlich die große Liebe auf.

Das Musical von Volker Ludwig und Birger Heymann hat die ganze Welt erobert, denn es handelt von Typen, die man wohl in jeder Großstadt dieser Welt begegnen kann, wenn man öffentliche Nahverkehrsmittel benutzt.

Schon der Beginn „Gegenüber“ macht deutlich, dass das Desinteresse an seinen Mitfahrenden keine Erfindung der Neuzeit mit ihren Smartphone ist, sondern schon vorher existiert hat. Jeder stiert in seine eigene Zeitung, oder beschäftigt sich mit sich selbst. Auch sonst sind die Probleme von damals aktuell geblieben: Punks, Bettler und Rassisten kann man heute auch noch in Dortmund und anderswo erleben. Nur die tiefbraunen „Wilmersdorfer Witwen“ werden sich mittlerweile zu ihren Männern gesellt haben.

Die Dortmunder Aufführung ist ein Projekt des Opernclubs „Tortugas“ und wurde von einem Ensemble präsentiert, das von 11 bis 60 Jahren alles dabei hatte. Natürlich auch tolle Stimmen wie die von Lilli Schnabel (Mädchen) oder von Lisa Pauli (Maria), die das herzerweichende Lied „Du bist schön auch wenn du weinst“ sang. Dass Johanna Schoppa eine enorme Stimme und Bühnenpräsenz hat, wissen Freunde der Dortmunder Oper schon lange. Dank ihrer verschiedenen Rollen, war sie des öfteren zu hören. Auch Eteeyen Ita als „Johnny“ oder „Mondo“ sowie der Rest des Ensembles konnten überzeugen. Manche von ihnen mussten in verschiedene Rollen schlüpfen. Auch der Jüngste, gerade einmal elf Jahre alt, mischte wie ein Großer bei der Inszenierung mit.

Musikalische Begleitung kam von „Orange Groove“, der Band der Musikschule Dortmund, die die Sängerinnen und Sänger kongenial unterstützten.

Alexander Becker hat als Regisseur eine Inszenierung hingelegt, die mit flottem Tempo überzeugen kann. Wer da nicht Spaß bekommen hat, in die nächste U-Bahn einzusteigen, dem kann ich auch nicht helfen. Auch Dortmund bietet hierfür die eine oder andere Gelegenheit.

Weitere Termine sind zu finden unter www.theaterdo.de

Effektvolles Rockoper-Projekt

[fruitful_alert type=“alert-success“]Napoleons (Jan Wosnitza) Kaisergehabe entsetzt Beethoven (Marvin Zobel). (Foto: © Jan Wosnitza)[/fruitful_alert]

Als ein Projekt der Jungen Oper Dortmund mit dem Märkischen Gymnasium Iserlohn (MGI) unter der Regie von Alexander Becker und der musikalischen Leitung Stefan Scheidtweiler hatte „Beethovens Last Night“ im hiesigen Opernhaus am 11.07.2017 seine Premiere. Die Musik hierfür stammt von Paul O‘Neil, John Oliva und Chris Caffery, der Text von O‘Neil. Durch rockig neu arrangierte Motive aus bekannten Motiven aus Beethovens (1770-1827) werden starke Emotionen des bewegten Lebens von Ludwig van Beethoven für das Publikum auf die Bühne transportiert.

Auf der Bühne und an den Instrumenten standen Schülerinnen und Schüler des Märkischen Gymnasiums Iserlohn sowie Mitglieder des Opernclubs Tortugas.

Sie wurden bei dem Projekt in Ausstattung, Regie und Musik von Profis des Opernhauses unterstützt.

Zusammen entwickelten sie eine geheimnisvoll-düster und spannende Musikgeschichte um die fiktive „letzte Nacht“ Beethovens. Das Publikum wurde nicht nur von „Personal in Regenmänteln und Schirmen“ empfangen, sondern mussten sich bei Blitz und Donner im Hintergrund auf der Leinwand ihre Plätze im Halbdunkel suchen. Was sie dann erwartete, waren nicht nur einige pfiffige „Special effects“ als Videoprojektion auf der Leinwand, sondern auch wunderbare Rockballaden. Hinzu kamen Auszüge bekannter Werken wie beispielsweise die „Ode an die Freude“ aus seiner 9. Sinfonie, die Mondscheinsonate. Das Stück präsentierte gute Stimmen und wunderschöne Kostüme.

Kurz zur Geschichte: Ludwig van Beethoven sitzt in einer düsteren Märznacht (1827)an seiner gerade fertig gestellten 10. Sinfonie, und die Geister der Vergangenheit suchen ihn heim. Mit dabei ist jedoch auch die gute Fee Fate. Da steigt um Mitternacht der Mephistopheles aus dem Klavierkasten und bietet ihm heimtückisch an, seine Seele zu behalten, wenn er ihm seine letzte gewaltige Sinfonie überlassen würde. Beethoven bittet um eine Stunde Bedenkzeit, um diese noch verbessern zu können. Die gute Fee bietet ihm zum Glück vor dieser großen Entscheidung ihre Hilfe an…

Wie es sich für eine richtige Rockoper gehört, ist sie in englischer Sprache gehalten, aber vier der beteiligten Akteure befanden sich unter dem Publikum und erklärten zwischendurch auf amüsante Weise einiges zu Beethoven und der Geschichte.

In der Hauptrolle des „alten Beethoven“ glänzte Profi-Sänger Marvin Zobel, auch schon als Ensemblemitglied der Dortmunder Oper 2015/2016 in der Produktion „Piraten fluchen nicht“ in guter Erinnerung. Die Produktion war nicht nur unterhaltsam, sondern gab auch sensible Rückblicke auf das Leben des Komponisten. Dabei wurden zum Beispiel die Gewaltausbrüche des Vaters gegen den kleinen Ludwig, aber auch lustige Momente wie seine Begegnung mit Wolfgang Amadeus Mozart vor Augen geführt. Auch die Frauen, die den Komponisten wesentlich beeinflusst haben, die „unbekannten Geliebten“ wurden thematisiert.

Mit Standing-Ovations feierte das Publikum diese beachtliche Leistung der beteiligten Akteure in allen Altersklassen.

Ausdruckstarke Tortugas

Diskussion beim Mittagessen. (v.l.n.r.) Johannes Hebsacker, Marlon Otte, Dina Wälter sowie im Hintergund ein Teil der Tortugas. (Foto: © ©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)
Diskussion beim Mittagessen. (v.l.n.r.) Johannes Hebsacker, Marlon Otte, Dina Wälter sowie im Hintergund ein Teil der Tortugas. (Foto: © ©Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)

Am 13. Juni 2015 gaben die Darsteller des Jugendclubs der Oper Dortmund, die „Tortugas“ dem Publikum mit der Premiere ihrer neuen Produktion „Die Tortugas in ausDruck“, unter der Regie von Alexander Becker in ihren stressigen und von immensem Druck geprägten Alltag.

Beim Eintritt in der Jungen Oper wurde das Publikum von den 14 Tortugas, einheitlich gekleidet in schwarzen Hosen, weißen Hemden und gelbem Schlips in reger Betriebsamkeit empfangen.

Überall an den Wänden, auf dem Boder oder in den Händen der Darsteller waren unzählige Zettel zu sehen, das sollte die ständigen Aufgaben symbolisieren, die noch zu tun sind. In einem kleinen Orchestergraben befand sich die aus sechs Personen bestehende Band des Märkischen Gymnasiums Iserlohns, die die Aufführung mit Gitarren, Keyboards und Schlagzeug musikalisch unterstützten.

Vor Beginn der Produktion muss eine der Darstellerinnen, Nela, gleich auf „Couch“ eines Psychologen und verspätete sich. Danach ging es los mit dem gnadenlosen Wecker am Morgen. Die müden Schüler quälen sich aus dem Betten. Als lustige Einlage bringt ein „Butler“ ihnen ihre Zahnbürsten. In der Schule geht der Druck durch die Lehrerin, gespielt von der zweiten Erwachsenen, schon los. Ein Jahr vor dem Abitur sollen die Schüler auf Leistung geeicht werden. Die verschiedenen Typen in der Klasse, ob Streberin, „Loser“, der Gleichgültige oder Individualist, werden vorgestellt. Nach der Schule geht es in zwei unterschiedliche Elternhäuser zum Essen in die Familie.

Da ist die gutbürgerlicher Familie, wo der Vater mal eben den befreundeten Arzt beim Golfspiel stört, damit dieser ihm bei der Behebung von „Konzentrations- und Aggressions-Problemen“ des Sohnes mit Pillen zur Leistungsoptimierung behilflich ist. Auf der anderen Seite ist da eine prollige Unterschichtenfamilie mit arbeitslosem Vater in Feinrippe-Unterhemd und rauchender Mutter zu sehen. Für deren Sohn kommt ein Austauschjahr im Ausland nicht in Frage. Richtig gekocht wird dort auch nicht. Ehrgeizige Oberschichts-Eltern und sozial benachteiligte Jugendliche die lieber schnell irgendeine Job annehmen sollen, um ihre Eltern zu unterstützen, bilden die beiden Pole.

Auch die wenige Freizeit ist mit Hobbys wie Musik, Ballett, Yoga, Fußball oder Stricken verplant. Als reichte das nicht, gibt es da auch den Druck innerhalb der Freundes-Gruppe. Wer möchte schon gerne zum „Trottel des Abends“ auserkoren werde und ein albernes Käferkostüm tragen? Einer der Darsteller baut seinen Frust und Druck beim „Zocken“ am Computer mit „Ballerspielen“ab. Eindringlich und bedrückend, wie die Leinwand zum „Computerspiel“ wird, in der die Spielfigur rund um den Wasserturm in Dortmund alle seine Mitschüler virtuell erschießt. [Anmerkung des Redaktions-Zockers: Ich finde die Analogie von Egoshootern und Amoklauf etwas ärgerlich. Im 18. Jahrhundert wurde noch vor der Lesesucht(!) gewarnt, dann kamen die Comics und das Fernsehen. Jetzt sind halt Killerspiele im Fadenkreuz.]

Als Ruhe-Geschenk an das Publikum und alle Darsteller wurde dann ein paar Minuten in absoluter Stille geschwiegen.

Am Abend war Party bis zum abwinken angesagt, um den“wahrhaften Moment“ zu erleben. Es folgt der Kater danach. Am Ende zeigt sich, wie wichtig es besonders in dieser reizüberfluteten und hektischen Zeit ist, einen Ort der Ruhe für sich zu finden. Ziel sollte sein, dass es möglichst jedem einzelnen Individuum gelingt, den persönlichen Traum zu leben.

Für die Aufführung wurde passend zur Situation bekannte deutschsprachige Musik aus den Genre Rock, Pop, Rap und Klassik gespielt und gesungen. Das ging von „Kurz die Welt retten“ (Tim Bendzko), über „Ich bin morgens immer müde“ (Trude Herr), „Atemlos“(Helene Fischer), „Vier Wände (Rio Reiser), „Kids“ (Marteria), „54-74-90-2010“ (Sportfreunde Stiller) oder „Fremde“ (Max Herre). Besonders anspruchsvoll war die Arie aus dem dritten Akt des „Rosenkavalier“ (Richard Strauss) zur verrinnenden Zeit., beeindruckend gesungen von Nela Rötzel.

Bei dieser gelungenen Produktion waren viele Gesangs- und schauspielerische Talente zu sehen und zu hören. Ganz große Klasse von allen Beteiligten!

Überzeugen können sie sich davon noch bei den weiteren Vorstellungen:

Mi, 17.0615, 11.00 Uhr

So, 21.06.15 11.00 Uhr

Di, 23.06.15 11.00 Uhr

Do, 25.06.15. 18.00 Uhr

Immer dieser Druck

Der Jugendclub der Oper Dortmund präsentiert am 13. Juni 2015 um 17 Uhr in der Jungen Oper die Premiere von “Die Tortugas in AusDRUCK”. Die 13 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren beschäftigen sich mit den Themen Stress und Optimierungswahn.
Jugendliche sind heutzutage im Stress. In der Schule sind sie gefordert, die Eltern wollen gute Noten. Selbst die Freizeit ist von morgens bis abends durchstrukturiert. Hinzu kommt der Optimierungswahn. Falsche Klamotten oder falsche Freunde, und schon ist man draußen. Die Tortugas, der Jugendclub der Oper Dortmund, zeigen einen Tag im Leben eines typischen Jugendlichen.
„Mit jedem Projekt der Tortugas haben,wir den Schwerpunkt anders gesetzt“, erklärte Regisseur Alexander Becker. „Dieses Mal werden die Jugendlichen sämtliche Rollen übernehmen, ohne die Hilfe von Solisten oder einem Chor.“
Dass bedeutet, singen werden,die Tortugas selbst. Es ist zwar wichtig, dass sich der Jugendclub der Oper auch mit klassischer Musik beschäftigt, aber in diesem Falle wird es eher eine Rock- und Popoper. Gesungen werden 13 deutschsprachige Titel beispielsweise „Lass uns gehen“ von Revolverheld oder „Leb deine Träume“ von Luxuslärm, erklärte der musikalsiche Leiter Stefan Scheidtweiler.
Unterstützt werden die Jugendlichen, die das Stück selbst geschrieben haben, von professionellem Bühnenbildern und Kostümschneidern. auch ein Choreograf vom Dortmunder Ballett ist mit von der Partie.
Zu einer Rockoper gehört natürlich auch eine Liveband. Die fünf Musiker kommen vom Gymnasium Iserlohn. Dadurch ist auch der Kontakt zu Janine Meyer, der Frontfrau von „Luxuslärm“ entstanden. Meyer hat in Iserlohn eine Gesangsschule, die Rock- und Popfabrik. „Meine Aufgabe ist es, noch die letzten 5 bis 10% aus den Kids herauszuholen“, so Meyer. Meyer ist ideal dafür, denn sie kann rocken. „Die Jugendlichen kannten Luxuslärm und waren dementsprechend aufgeregt“, ergänzte Becker.
Stress ist auch ein Thema für das Bühnenbild. Zehntausende Post-its kleben überall und machen deutlich, das ständig irgendwelche Aufgaben zu erledigen sind.
Neben der Premiere am 13. Juni 2015 gibt es weitere Termine am 17. Juni 2015 (11 Uhr), 21. Juni 2015 (11 Uhr), 23. Juni 2015 (11 Uhr) und am 25. Juni 2015 (18 Uhr).