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Disney im Zauberflötenland

Tamara Weimerich (Papagena) und Morgan Moody (Papageno). (Foto: © Theater Dortmund)
Tamara Weimerich (Papagena) und Morgan Moody (Papageno). (Foto: © Theater Dortmund)

Die Interpretationen zu Mozarts „Zauberflöte“ sind Legion. Mal steht Sarastro für die Aufklärung, mal für die Fürstenmacht, mal für die Vernunft oder auch für eine zweifelhafte Persönlichkeit. Für Regisseur Stefan Huber ist Sarastro Walt Disney und er lässt Karl-Heinz Lehner im goldfarbenen Anzug Disneys Wunderwelten erkunden. Von den drei kleinen Schweinchen (die drei Knaben) über Papageno, der ein wenig Donald Duck ähnelte, bis hin zu Monostatos mit seinen Mickey-Maus-Ohren. Passend dazu kam Tamino in einem Pfadfinder-Outfit, als wäre er Mitglied im Fähnlein Fieselschweif. Ein Premierenbericht vom 26. November 2016.

Die Handlung in aller Kürze: Tamino soll im Auftrag der Königin der Nacht ihre Tochter Pamina aus den Händen von Sarastro befreien. Jedoch wird unser Held durch die Güte von Sarastro überzeugt und lässt sich in die Mysterien einweihen und bekommt am Ende seine geliebte Pamina. Auch Taminos Begleiter Pagageno findet am Ende seine Papagena.

So weit, so gut, der Text von Emanuel Schikaneder vereint drei Elemente: Freimaurertum, die französischer Revolution und die altägyptische Exotik, die damals in Wien Mode war. O Isis und Osiris. Heute würde man ergänzen, dass der Text nicht ganz politisch korrekt ist. Vor allem Sarastros patricharchalische Welt duldet keine Frauen: „Ein Weib tut wenig, plaudert viel“. Seinem schwarzen Diener Monostatos geht es ähnlich. Nichts ist mehr von „Menschenliebe“ zu spüren, wenn ihn Sarastro mit 77 Sohlenhieben bestraft, nur weil er seine Pflicht erfüllt hat und Pamina zurückbringt.

Unbeeindruckt von allen Interpretationen bleibt Mozarts Musik und der wahrscheinlich ungewöhnlichste Beginn einer Oper: Der heldenhafte Tenor flieht vor einem Untier und muss von drei Frauen gerettet werden. Mozarts Musik wurde meisterhaft dargeboten von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Gabriel Feltz.

Auch die Sänger machten einen guten Job: Joshua Whitener bot als Tamino ebenso eine Klasse Vorstellung wie Lehner (Sarastro), Marie-Pierre Roy (Königin der Nacht), Morgan Moody (Pagageno) oder Hannes Brock (Monostatos). Wobei Moody seine schauspielerischen Fähigkeiten immer wieder aufblitzen ließ. Auch die Nebenrollen waren sehr stark besetzt, für die drei Kaben (Jushua Krahnefeld, Vincent Schwierts und Nick Esser) gab es verdientermaßen großen Applaus. Chor und Statisterie ergänzten auf positive Weise das Gesamtbild.

Vielleicht ist die Kostümierung für den einen oder anderen zu schrill, doch dem Dortmunder Publikum hat es zumeist gefallen. Auch das Bühnenbild mit den europäisch-westlichen Wahrzeichen (u.a. Brandenburger Tor, Schiefer Turm von Pisa, Freiheitsstatue) passte zur Inszenierung.

„Die Zauberflöte“ ist in der Dortmunder Inszenierung von Huber ein schönes buntes Stück geworden zusammen mit der unsterblichen Musik von Mozart.

Weitere Infos unter www.theaterdo.de

Eine bunte Operetten-Gala

Unter dem Titel „Bei einem Tee à Deux“ lud Moderator Kammersänger Hannes Brock am Sonntag, den 18.09.2016 die Freunde der Operette wieder in das Dortmunder Opernhaus. Musikalisch begleitet wurde das vielseitige und bunte Programm des Abends von der Dortmunder Philharmoniker unter der locker-leichtfüßigen Leitung von Philipp Armbruster.

Sie begannen das Programm mit der Ouvertüre aus der „Lustigen Witwe“ von Franz Lehár.

Der Chor des Theaters Dortmund stand den acht hochkarätigen Interpreten bei einigen Nummern, wie etwa Emily Newton bei „Heia, heia, in den Bergen“ aus Emmerich Kálmáns „Die Csárdásfürstin“, tatkräftig zur Seite. Passend zu den jeweiligen Operetten wurden Fotos aus den entsprechenden Aufführung früherer Jahrzehnte in diesem Haus an die linke Wandseite projiziert. Neben Emily Newton versprühten Tamara Weimerich, Ashley Thouret und Almerija Delic Witz, Temperament und Freude am Gesang und Bewegung.

Auch die vier männlichen Pendants, Morgan Moody, Fritz Steinbacher, Luke Stoker und Joshua Whitener boten neben ihren guten Stimmen auch Kostproben ihres komödiantischen Talents.

So musste Luke Stoker beim „Fliegenduett“mit Ashley Thouret aus Jacques Offenbachs „Orpheus in der der Unterwelt“ zur Freude des Publikums in einem ganz besonderem „Insektenkostüm“ auftreten. Das tat er mit viel Sinn für Humor.

Einen Ausblick auf die Premiere von „Blume von Hawaii“ (Paul Abraham) im Januar 2017 gaben Tamara Weimerich und Morgan Moody mit dem komisch-lustigen Duett „Ich hab ein Diwanpüppchen“.

Die Bandbreite des Abends reichte von Operetten wie „Zigeunerliebe“ (Franz Lehár), Melodien aus Musicals wie „Maria“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“, weniger bekannten Stücken wie „Leise, ganz leise“ aus „Ein Walzertraum“ von Oscar Straus bis zu „If I loved you“aus „Carousel“ von Richard Rogers.

Ks. Hannes Brock bewies nicht nur als Moderator seinen gewohnten Witz und Selbstironie, sondern zeigte auch als Sänger und als Tänzer, was er alles noch drauf hat. Mit einem temperamentvollen Finale schickte das gesamte Gala-Ensemble das Publikum beschwingt nach hause.

Mutige Ronja Räubertochter

Viele Menschen sind mit Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ (1981), der Geschichte um zwei verfeindete Räuberbanden und der klugen und mutigen Tochter Ronja groß geworden. Die Premiere dieses Stoffes als Familienoper in Dortmund von Jörn Arnecke mit dem Libretto von

Holger Potocki, Regie Johannes Schmid fand am 22.05.2016 statt. Es handelt sich um eine Kooperation des Theaters Dortmund mit der Deutschen Oper am Rhein und dem Theater Bonn im Rahmen des Projekts „Junge Oper Rhein-Ruhr“.

Worum geht es? Zwischen den beiden rivalisierenden Räuberbanden von Mattis und Borka herrscht seit vielen Jahren Streit. Deren Kinder, Ronja und Birki, lernen sich im Mattiswald kennen und befreunden sich langsam. Ronja will nicht die Nachfolgerin ihres Vaters werden. Sie möchte keine Menschen berauben und hat genug Gewalt, Streit, gegenseitigem Bekämpfen und dem rüpelhaftem Leben. Die beiden Väter sind mit der Freundschaft ihrer Kinder nicht einverstanden, doch Ronja und Birk halten wie „Bruder und Schwester“ zusammen und wohnen gemeinsam wie naturverbunden, ähnlich wie Adam und Eva, im Mattiswald.

Die Probleme mit der Nahrungssuche beginnen mit dem nahenden Winter, und die Freunde streiten öfter miteinander. In einer bedrohlichen Situation kommt Mattis zu Hilfe, um seine Tochter zurück zu holen. Er bereut inzwischen, dass er seine Tochter aus Enttäuschung verstoßen hatte. Außerdem liegt der alte, treue Räuber Glatzen-Per im Sterben….

Das Schloss mit den verschiebbaren Wänden auf der Bühne ist dem Original aus der Geschichte von Lindgren nach empfunden. Die Aufführung beginnt in bedrohlicher Atmosphäre von Blitz und Donner mit der Geburt von Ronja. Die Räuberbande von Mattis haben bis auf Glatzen-Per rote Haare und natürlich alle ihre „Räuberkleidung“ an. Seit dem Blitz-Einschlag geht ein Riss durch die Mattis-Burg. In den Nord-Teil werden sich die Borka-Räuber Jahre später einnisten.

Zur Charakterisierung der Räuber-Gesellschaft werden schon zu Anfang Wolf-Metaphern benutzt. So wird das Baby mit einem Wolf-Wiegenlied in den Schlaf gesungen, die Gemeinschaft mit einem „Wolfsrudel“ verglichen und am Ende Stirbt der „alte Wolf“.

Ein schneller Zeitsprung, und Jahre später steht Ronja als pubertierendes Mädchen auf der Bühne. Sie ist Vaters ganzer stolz, beginnt sich aber schon gedanklich gegen die Vorstellungen von Mattis aufzulehnen. Die beiden verfeindeten Gruppen sind auch optisch gut zu unterscheiden. Die Räuberbande von Mathis haben rote, die Borka-Bande alle blonde Haare.

Ein großes Kompliment für das wunderbar fantasievolle Bühnenbild und grandiosen Projektionen und die speziellen Effekte. Der Moos bewachsene Hügel tauchte schon bei „Hänsel und Gretel“ auf. Besonders Eindrucksvoll, das unheimliche Erscheinen der „Unterirdischen“.

Die Kinder sind in Lindgrens Geschichte die Einzigen, die offen sind für neue Wege. Neben „Glatzen-Pit“ sehen sie ein, dass es besser ist. zusammen gegen die Landvogte zu halten, als zu rauben und sich gegenseitig zu bekämpfen. Sie emanzipieren sich von den Vorstellungen „der Erwachsenen“ und überwinden symbolische Gräben (Höllenschlucht). Es lohnt sich, mit kindlich-unverstellten offenen Blick neue Wege zu beschreite. So gibt es im Unterschied zu „Romeo und Julia“ ein Happy -End.

Die zeitgenössische Musik von Jörn Arnecke, stellte sowohl für alle Sängerinnen und Sänger, wie auch für die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Ingo Martin Stadtmüller vor eine große Herausforderung. Mit viel Einfühlungsvermögen gelang ihnen, diese zu meistern.

Es waren keine eingängigen Gassenhauer zu hören, sondern die Musik war ein Spiegel der verschiedensten Stimmungslagen.

Ileana Mateescu als Ronja und Tamara Weimerich als Birk waren ein gut eingespieltes Team. Schließlich haben sie ja schon bei „Hänsel und Gretel“ zusammen gesungen und gespielt.

Als Gast aus dem Dortmunder Schauspiel-Ensemble konnte Andreas Beck mit seiner starken Präsenz als „Glatzen-Pit“ überzeugen.

Obwohl oft oft düster und beängstigend für zarte Gemüter angelegt, sorgen das das glückliche Ende, das Können und Engagement des Ensembles für ein gelungenes Familien-Erlebnis mit zeitloser Aktualität.

Mehr Information über weitere Aufführungs-Termine unter: www.theaterdo.de

Familienoper im perfektem Licht

Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © ©Anke Sundermeier)
Mit Smartphone wäre das nicht passiert: Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © Anke Sundermeier)

„Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck ist ein Klassiker. Seine kindgerechte Bearbeitung des Grimmschen Märchen steht in Regelmäßigkeit auf den Spielplänen der Theater. Regisseur Erik Petersen tat gut daran, den Stoff nicht krampfhaft zu modernisieren, sondern wie bei seiner vorherigen Arbeit „La Cenerentola“ einige visuelle Highlights zu setzen. Neben den fantastischen Kostümen und dem aufwändigen Bühnenbild, war vor allem das Lichtdesign ein Hingucker. Ein Premierenbericht vom 08. November 2015.

Die Lebenssituation von Selbstständigen scheint in Petersens Inszenierung extrem schlecht zu sein, denn die Eltern von Hänsel und Gretel haben Mühe über die Runden zu kommen. Die Mutter (Martina Dike) unterrichtet als Lehrerin für Lebensmittel und der Vater (Sangmin Lee) ist als Besenbinder eine Art „Ich AG“. Die Behausung der Familie erinnert ein wenig an das berühmte Bild von Spitzweg mit dem armen Poeten, das Dach ist im Eimer und die Töpfe sammeln das Regenwasser. Klar ist auch, dass es in dieser Zeit kein Arbeitsschutzgesetz gibt und die Kinder kräftig mithelfen sollen. Gretel (Julia Amos) soll Strümpfe stricken und Hänsel (Ileana Mateescu) seinem Vater nachfolgen und Besen binden.

Diese fast schon pittoreske Situation verändert sich im zweiten Bild völlig. Denn Vater kommt mit Lebensmitteln zurück und Mutter muss ihm beichten, dass sie die Kinder in den Wald geschickt hat. Die Szenerie wird etwas gruseliger als der Vater das „Hexenlied“ anstimmt. Türen öffnen sich und am Ende tanzt eine in roten Licht getauchte Hexengestalt über dem Szenario.

Auch im Wald geht es bald gruselig zu. Nach dem bekannten „Ein Männlein steht im Walde“ senkt sich der Abend über die Kinder und unheimliche Gestalten und Irrlichter tauchen auf. Gut, dass der Sand- und Taumann (Tamara Weimerich) sowie 14 sterndurchflutete Engeln um die Kinder wachen.

Nach der Pause gelangen die Kinder ins Herrschaftsgebiet der Knusperhexe (Fritz Steinbacher) und das Schicksal nimmt ihren Lauf für die alte Dame: Sie wird von den Kindern ausgetrickst und landet im Ofen. Passend-erweise kommen noch die Eltern von Hänsel und Gretel vorbei und die von der Hexe verzauberten Lebkuchenkinder erwachen wieder zu neuem Leben.

Diese Inszenierung ist eine großartige Arbeit von Tatjana Ivschina (Bühne und Kostüme) und Florian Franzen (Licht). Beide zaubern ein märchenhaftes, buntes Ambiente, in der sich die Sängerinnen und Sänger sichtlich wohlfühlen. Das Hexenhaus besteht aus mehreren Etagen und ist liebevoll und detailliert ausgeschmückt. Ein optisches Highlight.

Gut aufgelegt war auch das Ensemble bei der Premiere. Mateescu gab einen frechen und übermütigen Hänsel, während Amos (mit roter Perücke), eine etwas schüchterne, aber zum Schluss entschlossene Gretel sang.

Großen Applaus gab es auch für Sangmin Lee, der einen herrlich überdrehten Vater spielte und dem man die Lust auf diese Rolle förmlich ansah. Eine kleinere, aber eindrucksvolle Rolle hatte Martina Dike als Mutter, die mit ihren Kindern überfordert war. Das Sandmännchen und das Taumännchen sind eine Erfindung von Humperdinck. In der Doppelrolle überzeugte Tamara Weimerich nicht nur gesanglich, sondern sorgte durch ihre Kostüme für ein märchenhaftes Erlebnis.

„Böse“ Rollen mit Charme und Humor zu spielen: eine Spezialität von Fritz Steinbacher. Nach einem Wiener Ganoven bei „Kiss me Kate“ singt er jetzt die Hexe.

Im Verlauf der Aufführungen wechselt die Besetzung ein wenig: Julia Amos und Tamara Weimerich tauschen ihre Rollen und anstelle von Steinbacher wird Kammersänger Hannes Brock die Hexe spielen.

Die Musik von Humperdinkc war bei Phillip Armbruster und den Dortmunder Philharmonikern in guten Händen, denn spät-romantische Musik gehört zu ihren Spezialitäten. Humperdinck kombiniert wagnerischen Pathos mit Kinder- und Volksliedern zu einer durchaus bekömmlichen Mischung.

Mehr Infos und Termine unter www.theaterdo.de

Am Volkswillen zerbrochen

Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)
Wenn Saul (Christian Sist) wütend wird, muss David (Ileana Mateescu) Angst haben. (Foto: © Björn Hickmann / Stage Picture GmbH)

Nach „Elias“ (Mendelssohn-Bartholdy) und die „Schöpfung“ (Haydn) konnte das Publikum in der Oper Dortmund am 25.04.2015 mit der Premiere von „Saul“ (Georg Friedrich Händel) zum dritten Mal ein szenisches Oratorium erleben. Die Koproduktion mit dem Staatstheater Kassel wurde unter der Regie von der Regisseurin Katharina Thoma, den Opern-Fans durch schon sieben Produktionen auch als Spezialistin für barocke Stoffe, wie zum Beispiel „Eliogabalo“ (Cavalli) bekannt, für die Dortmunder Bühne bearbeitet.

Das Libretto von „Saul“ Charles Jennens hat als biblische Grundlage das Buch Samuel.

Unter der punktgenauen und lockeren musikalischen Leitung des 1. Kapellmeisters Motonori Kobayashi spielte ein kleines Ensemble der Dortmunder Philharmoniker: Cembalo/Orgel: Wallewei Witten, Luca Di Marchi und an der Theorbe Andreas Nachtsheim.

Thoma legte bei ihrer Inszenierung ein besonderes Augenmerk auf die Wirkung der „Volksmasse“ auf das Individuum und auf dessen Umgebung. Das gibt dem Opernchor des Theaters Dortmund unter der Leitung des „reaktivierten“ Granville Walker eine große Bedeutung und Chance, sein Können zu zeigen und einmal im Vordergrund zu stehen.

Das Bühnenbild von Sibylle Pfeiffer war minimalistisch aber praktisch gestaltet. Ein großes transparentes Plateau auf der Bühne und ein Zweites von der Decke hängend, dienten als Tempel oder Königshof. Das Deckenplateau war multifunktional verwendbar und diente als Symbol für eine höhere Macht.

Das Libretto orientiert sich überwiegend an die biblische Geschichte. Saul wird per Los zum König der Stämme Israels gewählt. Doch mit der Bürde kommt er schlecht zurecht. Schon gar nicht, als ein junger Kriegsheld, namens David, ihm die Sympathie des Volkes streitig macht. Saul verheiratet David zwar mit seiner Tochter Michal, nachdem ihm die ältere Tochter Merab abgelehnt hatte, aber plant nichtsdestotrotz Davids Tod. Saul fühlt sich von Allen verlassen und sucht in seiner Verzweiflung Rat bei den Mächten der Unterwelt. Der Geist Samuels erklärt, das Saul wegen der nicht Befolgung eines Gottesbefehls seine Herrschaft an David abtreten muss und mit seinem Sohn Jonathan auf dem Schlachtfeld ums Leben kommen wird.

Thoma legt in ihrer Inszenierung einen deutlichen Fokus auf die Psychologie der Protagonisten. Saul treibt die gefühlte Ablehnung des Volkes in eine Art bipolarer Störung. Erst sehr freundlich, dann einen Tag später zum Mord gegen David entschlossen. Saul Wahnsinn führt letztendlich zu seinen eigenen Tod. Interessant ist auch die Beziehung zwischen David und Jonathan, Sauls Sohn. Wenn beide sich treffen, ist eine deutliche homoerotische Beziehung erkennbar, die durch Jonathans Tod abrupt beendet wird. Auch Davids Trauer um Jonathan spricht Bände: „Great was the pleasure I enjoy’d in thee, And more than woman’s love thy wondrous love to me!“(Groß war die Wonne, die mir ward von dir, und mehr als Frauenlieb‘ war deine Liebe mir!)“.

Christian Sist, mit seiner überragenden Körpergröße und Stimme eine passende Besetzung für Saul,

Er zeigt die wachsende Verzweiflung, Neid und Eifersucht auf den neuen Günstling des Volkes überzeugend. Mit ihrem klaren Mezzosopran und viel Empathie spielte und sang Ileana Mateescu, schon fast spezialisiert auf „Hosenrollen“, zuletzt im „Rosenkavalier (Richard Strauss), den David.

Tamara Weimerich als zunächst hochmütige Merab, gelang auch spielerisch den Haltungswechsel gegenüber David überzeugend darzustellen. Als kongenialer Gegenpart spielte Julia Amos die sanfte Michal, der oberflächlicher Standesdünkel fremd ist.

Eine besondere Herausforderung gab es für Lucian Krasznec als Jonathan. Neben dem Vater-Sohn Konflikt gab es noch die besondere Freundschaft zu David. Die Darstellung der unterschwelligen homoerotischen Tendenz der Beziehung von David und Jonathan, wurde mit Feingefühl gemeistert.

Als vielseitiger Mann für skurrile Rolle zeigte sich wieder einmal Kammersänger Hannes Brock. Neben den Hohepriester fungierte er als Abner und als Hexe von Endor aus der Unterwelt.

Den kürzesten Auftritt hatte Min Lee. Als ein Amalekiter, der die traurige Botschaft vom Tod Sauls und Jonathans überbringt, wird er bald von David ermordet.

In der Rolle des Doeg sowie als eindrucksvolle Projektion und Stimme von Samuels Geist war Morgan Moody zu erleben.

Besonders bewegend war der Chor. Er symbolisierte die Volksmasse. Die Masse, die sich leicht formen lässt und (blind) dem nächsten „Superstar“ folgt. Frei nach dem Motto: Vox populi, vox dei – Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes. Thoma schuf mit dem Chor wunderbare Bilder, beispielsweise als sie David mit ihren Händen vor der Wut und dem Zorn Sauls schützten.

Ein großes Kompliment geht auch an die Kostümabteilung unter Irina Bartels. Sie zeigte verschiedenste epochenübergreifende Kostüme. Ob bunt barock-höfisch, einheitliches schwarz des Chores, mal ohne oder mal mit Verschleierung, oder zeitgenössische Bekleidung der Sängerinnen und Sänger. Das unterstreicht die Zeitlosigkeit des Themas. Es gibt genug Beispiele in der Gegenwart, wie schnell sich die Gunst der Bevölkerung zum Beispiel bei Politikern wenden kann.

Ein eindrucksvolles Zeichen, als am Ende bei der Ernennung Davids zum König bei der Übergabe eines Schwertes Blut am Hemd von David zu sehen ist. Symbolhaft für das Blut der Opfer der kommenden Kriege.

Ein gelungener Abend, der mit viel Beifall honoriert wurde. Die Entscheidung von Jens-Daniel Herzog, in Dortmund Oratorien auch szenisch aufzuführen, zahlt sich aus. Händels Musik passte ideal zu einer „Veroperung“, denn Händel verknüpfte in „Saul“ große Chormusik mit Arien, die mehr in Richtung der italienischen „Opera seria“ gingen. Nicht nur für Barockfreunde empfehlenswert.

Weitere Termine: Fr, 08. Mai 2015, So, 17. Mai 2015, So, 24. Mai 2015, Do, 18. Juni 2015, Sa, 20. Juni 2015 und Fr, 26. Juni 2015.

Untergang eines Manipulators

Masetto (Sangmin Lee) muss gute Miene zum bösen Spiel von Don Giovanni (Gerado Garciacano) und Zerlina (Tamara Weimerich) machen. (Foto: © ©Thomas Jauk / Stage Picture GmbH)
Masetto (Sangmin Lee) muss gute Miene zum bösen Spiel von Don Giovanni (Gerado Garciacano) und Zerlina (Tamara Weimerich) machen. (Foto: © ©Thomas Jauk / Stage Picture GmbH)

Am 08. März 2015 stand die Premiere von „Don Giovanni“ auf dem Programm des Dortmunder Opernhauses. Die Inszenierung von Opernintendant Jens-Daniel Herzog überzeugte mit einer pfiffigen Bühnenidee, guten Sängerinnen und Sängern und aufregender Musik von Mozart.
Beim Bühnenbild hat sich Regisseur Jens-Daniel Herzog mit dem Bühnenbildner Mathis Neidhardt etwas ganz besonderes einfallen lassen: Musiker und Dirigent hinter einem Gaze-Vorhang, es gab kein Orchestergraben, dafür wurde eine Art Laufsteg quer durch den Zuschauerraum errichtet. Ansonsten war das Bühnenbild spartanisch, die Sängerinnen und Sänger standen im Mittelpunkt.
Schon der Beginn war ungewöhnlich inszeniert: Die Sänger stellten Stühle mach vorne und simulierten während der Ouvertüre eine Reihe im Theater mit Hustenden, Zuspätkommenden usw. Schon hier wurden die Konflikte zwischen den Figuren angerissen.

Die Geschichte: Das Hobby von Don Giovanni ist Frauen verführen. Zusammen mit seinem Diener Leporello reist er quer durch die Lande. Bei Donna Anna hatte er Erfolg, auch Zerlina ist ihm nicht abgeneigt, obwohl sie mit Masetto verlobt ist. Ihre Männer stehen mehr oder weniger hilflos daneben. Masetto mit Wut im Bauch. Don Ottavio, der Verlobte von Donna Anna, ist eher der kühle Analytiker. Zum Ärger von Don Giovanni heftet sich Donna Elvira auf seine Fährte, denn er habe ihr dir Ehe versprochen, behauptet sie. Als Don Giovanni aber Donna Annas Vater, den Komtur (Christian Sist) tötet, setzt er eine Spirale in Gang, die er nicht mehr stoppen kann.

Einen Don Giovanni in seiner Umgebung zu haben, ist für die meisten Menschen vermutlich der Alptraum. Jemand, der wie ein chirurgisches Instrument die Bruchstellen einer Beziehung erkennt und gnadenlos ausnutzen kann, ist wie Sprengstoff. Während er den Frauen ihre geheimen Wünsche nach Leidenschaft und Aufstieg befriedigt oder zumindest so tut, bleibt den Männern der Frust. Ob sie ihn wie Masetto offen zeigen oder wie Ottavio unter ihrer kühlen Hülle verbergen, bleibt gleich.

Morgan Moody sang den Leporello. Der Diener von Don Giovanni ist ein typischer Sidekick. Eine komische Figur, in deren Wunsch auch mal Frauen abzubekommen, eine gewisse Tragik liegt. Moody liegt die Rolle sichtlich. Hier kann er sein komisches Talent ausleben, und seine Anmachversuche gegenüber Donna Elvira (Emily Newton) spielen beide mit herrlichem Witz. Moody gibt den treuen Diener mit Hingabe und singt die bekannte Arie „Madamina, il catalogo e questo“, in der er Donna Elvira über die Eroberungen seines Herren aufklärt.

Eleonore Marguerre singt die Donna Anna. Eigentlich eine einfache Figur, Don Giovanni hat ihren Vater ermordet und sie will Rache. Das soll ihr Verlobter, Don Ottavio, besorgen. Eigentlich. Denn was ist zwischen Don Giovanni und ihr wirklich abgelaufen? Die Vorgeschichte kennen wir nicht, aber es scheint, als ob die beiden sich schon länger kennen. Ist Donna Anna also nicht so ganz unschuldig wie es scheint? Marguerre bringt den Zwiespalt der Figur zwischen der Rächerin, der Verlobten von Don Ottavio und ihrer Begierde für Don Giovanni sehr gut auf den Punkt.
Don Ottavio, gesungen von Lucian Krasznec, ist eine interessante Figur in der Oper. Er bleibt ruhig, obwohl Don Giovanni an seiner Verlobten Donna Anna baggert. Wenn man soll will, ist Don Ottavio eine moderne Figur, denn er nimmt die Frauen ernst. Er will eigentlich nicht in das Ränkespiel gegen Don Giovanni mitmachen, doch aus Liebe zu Donna Anna macht er mit. Krasznec spielt den Don Ottavio kühl und nachdenklich, nur in den Momenten, in denen er seine Liebe zu Donna Anna gesteht, ist seine Leidenschaft spürbar.

Kommen wir nur „niederen Paar“: Zerlina und Masetto. Zerlina (Tamara Weimerich) scheint glücklich verlobt mit Masetto (Sangmin Lee), doch wie heißt es so schön „Glück und Glas, wie leicht bricht das.“ Denn Zerlina hofft, durch Don Giovanni in die höheren Kreise aufzusteigen, möglicherweise ein besseres Leben zu führen als mit dem Bauer Masetto. Doch Zerlina durchschaut das böse Spiel von Don Giovanni sehr spät. Weimerich singt wunderbar die Zerlina zunächst als Dummerchen vom Land, dass aber durch die Bloßstellung von Don Giovanni auch zu den Verschwörern gehört.
Masetto ist ein Bauer und weder vom Stand her noch von der Eloquenz Don Giovanni gewachsen. Sangmin Lee ist herrlich komisch in seiner Rolle von Masetto. Seine Wutausbrüche und sein Versuch, Don Giovanni mit Gewalt ans Leder zu gehen, scheitern grandios. Auch lässt er sich immer wieder von Zerlinas Liebesschwüren überzeugen.

Donna Elvira (EmilyNewton) ist eine ebenso tragikomische Figur wie Masetto oder Leporello. Eigentlich ist sie wie eine Stalkerin hinter Don Giovanni her, nur um unfreiwillig mit Leporello vorlieb nehmen zu müssen. In Elviras Arien ist bis zum Schluss immer noch die Liebe zu Don Giovanni spürbar. Newton bringt sehr viel Witz in ihr Spiel ein und ihre Kabbeleien mit Morgan Moody (Leporello) sind herrlich.
Don Giovanni ist die zentrale Figur in der Oper. Gerado Graciacano mimt ihn mit einer gewissen Überheblichkeit und einer Spur Brutalität. Er nimmt sich das, was er kriegen kann, wenn nötig mit Gewalt, auch wenn Menschen (Komtur) dabei zu Tode kommen. Zudem ist er manipulativ (oft auf Kosten von Leporello) und versucht, die Fäden in der Hand zu halten. Das unterscheidet ihn von einem reinen Hedonisten.

Der Höllensturz, das Ende von Don Giovanni, erinnerte ein wenig an den Krimi „Mord im Orient-Express“. Die sechs Verschwörer haben mit Hilfe des toten Komturs die Kraft gefunden, Don Giovanni unschädlich zu machen und nacheinander stoßen sie ihr Messen in den Körper des Verführers.
Auch Dank der gut aufgelegten Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz wurde dieser Abend wieder zu einem besonderen Opernabend in Dortmund. Die Idee, das Orchester weiter nach hinten zu versetzen und die Sängerinnen und Sänger näher an das Publikum zu bringen, ist meiner Meinung nach voll aufgegangen. Über den Sinn und Zweck des Laufstegs kann man streiten, ich fand diese Idee nicht überzeugend. Dennoch war die Inszenierung insgesamt ein voller Erfolg.

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Opulente Operetten-Gala

Nachdem die erste Ausgabe der Operetten-Gala in der Dortmunder Oper ein voller Erfolg war, kam schnell die Idee einer Folgeveranstaltung auf. So hieß es am 20.September „Der Himmel hängt voller Geigen“. Mit dabei waren die Dortmunder Philharmoniker, zwei Dirigenten, der Dortmunder Opernchor und neuen Solisten des Dortmunder Ensembles. Durch das Programm führte in gewohnt charmanter Weise Kammersänger Hannes Brock.

Bei der zweiten Auflage der Operetten-Gala fasste man den Begriff der Operette ein wenig weiter. So war ein Lied aus einer spanischen Zarzuela zu hören sowie drei Stücke aus dem amerikanischen Music play bzw. Musical. Präsentiert wurden zwei Lieder aus der kommenden Operette „Roxy und ihr Wunderteam“ von Paul Abraham, die ab 29. November in Dortmund Erstaufführung hat.

Auch wenn im Bühnenbild keine hängenden Geigen zu sehen waren, Julia Amos, Ileana Mateescu, Neuzugang Emily Newton, Tamara Weimerich, Hannes Brock, Gerado Garciacano, Lucian Krasznec, Morgan Moody und Fritz Steinbacher hatten alle gute Laune und Freude am Singen mitgebracht. Moody begeisterte bei den amerikanischen Stücken von Frederick Loewe und Richard Rogers mit seiner warmen Stimme, Lucian Krasznec sang Taschentuch ergreifend das „Wolgalied“ von Lehárs „Zarewitsch“ und Tamara Weimerich brachte mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ von Rudolf Stolz das Publikum zum Schmelzen. Moderator Hannes Brock ließ es sich nicht nehmen und sang außerhalb des Programmes den „Wandergesell“ aus „Der Vetter von Dingsda“.

Am Ende wurde es schwungvoll und in Dortmund wurde die „Berliner Luft“ von Paul Lincke aus „Frau Luna“ gefeiert. Als Zugabe gab es Champagner. In Form des „Champagner-Liedes“ aus der Operette von Johann Strauß „Die Fledermaus“.

Wer die Operetten-Gala verpasst hat, dem bietet sich am 11. Oktober 2014 eine weitere Chance.

Infos und Karten unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Wenn die Masken fallen

Welche Zukunft sagt Ulrica (Anja Jung) ihren Zuhörern voraus? (Foto: © ©Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Welche Zukunft sagt Ulrica (Anja Jung) ihren Zuhörern voraus? (Foto: © ©Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Die Oper Dortmund ging am Samstag, den 13. September 2014 mit dem Melodrama „Ein Maskenball (Un ballo in maschera)“ von Giuseppe Verdi unter der Regie von Katharina Thoma in die neue Spielzeit. Die Aufführung ist eine Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Garden in London.

Thoma verlegte die Handlung der Oper in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg , dem sogenannten Fin-de-siècle, einer Zeit der Unsicherheit und des Umbruchs. Verdis Maskenball wurde ja schon Mitte des 19. Jahrhunderts mehrfach wegen der damaligen Zensur in eine andere Zeit oder an einem anderen Ort „verlegt“. Die Zeit vor 1914 ist meiner Meinung nach nicht nur gut gewählt, weil gerade jetzt viel des vor einhundert Jahren ausgebrochenen Krieges gedacht wird. Sie gewinnt durch die vielen Krisenherde und die von vielen Menschen als bedrohlich empfundene Unsicherheit unser gegenwärtigen Zeit an Brisanz und Eindringlichkeit.

Das Bühnenbild mit seinen maroden Säulenkulissen, Grabsteinen mit Statuen weist schon zu Beginn deutlich auf das nahe Ende einer Zeitepoche. Der amtsmüde Graf Riccardo ist heimlich in Amelia, die Frau seines engsten Freundes und Sekretärs Renato verliebt.. Sein Freund Renato muss die Regierungsgeschäfte fast alleine leiten und warnt Riccardo vergeblich vor einer Verschwörung gegen ihn. Riccardo schlägt auch die Warnungen der Wahrsagerin Ulrica in den Wind,die ihm seine bevorstehende Ermordung durch eine vertraute Person ankündigt. Nachdem sich Amelia und Riccardo auf dem „Galgenfeld“ ihre „verbotene Liebe“ gestanden haben, treffen sie auf Renato und die Situation eskaliert. Der enttäuschte Ehemann von Amelia sinnt angesichts des seiner Meinung nach doppelten Verrats nach Rache.Riccardo spielt weiter mit dem Tod und geht trotz allem auf den Maskenball, um Amelia und Renato eigentlich wegzuschicken und auf die Liebe zu verzichten. Zu spät. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf…

Für die Inszenierung konnten hochkarätige, stimmgewaltige Sänger wie der Tenor Stefano La Colla, der nach Dortmund zurückgekehrte Bariton Sangmin Lee sowie die Verdi-Sopranistin Susanne Braunsteffer gewonnen werden. Es war schon ein Genuss, nicht nur diesen Stimmen zu lauschen, sondern auch ihrer leidenschaftlichen Darstellung zu folgen.

Begeistern konnten auch die immer als „Doppelpack“ auftretenden Verschwörer Morgan Moody als Samuel und Claudius Muth als Tom, sowie Anja Jung als Ulrica oder etwa Gerado Garciacano als Matrose Silvano.

Eine besondere Rolle hatte Tamara Weimerich als Riccardos Page Oscar. Diese Figur fiel nicht nur in seiner höfischen Funktion und Kleidung als ein Relikt aus einer älteren, feudalistischen Epoche auf. Sie war so gleichzeitig die jüngste, wie auch die älteste Figur des Stückes. .Nicht nur mit guter Stimme, sondern auch durch die gezeigte jugendliche Leichtfertigkeit, mit der sie sich beispielsweise als Page bei der Wahrsagerin vorgedrängelt hat, überzeugte Weimerich. Dabei aber dem vorgesetzten Grafen immer treu ergeben. Am Ende steht Oscar mit Stahlhelm auf dem Kopf desillusioniert und verloren auf der Bühne.

Die Kostüme wurden von Irina Bartels mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail ausgewählt. So konnte das Publikum unter anderem die zu dieser Zeit beliebten Matrosenanzüge und Frisurenmode bewundern. Ob die Auswahl wie etwa im Falle von Amalia immer vorteilhaft gelungen war, ist wohl Geschmackssache.

Die verstellbare Bühnenkulisse wurde genutzt, um bei Bedarf zusätzliche Räume an den Seiten zu schaffen. Eindringlich wie wie zum Beispiel der kleine Sohn von Amalia in seinem Bett im Zimmer nebenan liegt, während seine Mutter Renato anfleht, ihren Jungen noch einmal sehen zu dürfen. Auf der anderen Seite konnte man während des Gesprächs von Amelia und Riccardo während des Maskenballs auf der links ein Streichquartett sehen und hören.

Der Maskenball als ekstatisches Fest nach dem Motto „Heiter geht die Welt zugrunde“ gestaltet.

Ein großes Kompliment wieder einmal für den Opernchor des Theaters Dortmund unter der Leitung von Granville Walker. Hut ab auch vor den Statisten, die als „lebende Statuen“ fungierten, und schon mal mehr als zwanzig Minuten still stehen mussten. Die Dortmunder Philharmoniker unter der souveränen Leitung von GMD Gabriel Feltz sorgte mit einer passgenauen, harmonisch mit dem Bühnengeschehen abgestimmte musikalische Begleitung für einen gelungenen, runden Opernabend.

Wer „Ein Maskenball“ noch live erleben will, muss sich sputen. In knapp sechs Wochen wird die Oper nur noch in London zu sehen sein.

Weitere Termine: SO, 21. SEPTEMBER 2014, MI, 24. SEPTEMBER 2014, FR, 03. OKTOBER 2014, SO, 05. OKTOBER 2014, SO, 12. OKTOBER 2014, SA, 18. OKTOBER 2014 und SA, 25. OKTOBER 2014

Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27 222.

Opernkrimi um Liebe und Vorurteile

Osmin (Wen Wei Zhang) ist nicht ganz so gut auf Pedrillo (Fritz Steinbacher) zu sprechen. (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)
Osmin (Wen Wei Zhang) ist nicht ganz so gut auf Pedrillo (Fritz Steinbacher) zu sprechen. (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)

Bei der Auswahl des Opernrepertoires müssen sich Intendanten auch öfter die Frage stellen, was die Stücke mit der heutigen Lebensrealität zu tun haben könnten. Mit seiner Inszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ bewies Herzog einmal mehr gutes Gespür: Er verlegte die Handlung in den Dortmunder Norden. Ars tremonia war bei der Premiere im Opernhaus am 17. Mai 2014 dabei.

Das Bühnenbild schien direkt aus der Nordstadt importiert worden zu sein. Sehr detailgenau war ein Hinterhof mit mehrgeschossigen Wohnungen mit Balkonen, Türen mit Klingelknöpfen, Sitzgelegenheiten davor und Fahrrädern an der Seite zu erkennen. Die Vorderfront bot in der ersten Etage einen Einblick in ein türkisches Firmenbüro, im Erdgeschoss befand sich eine Art Imbiss. Für einen lebendigen und authentischen Eindruck sorgten dabei Statisten aus der türkischen Community.

Die Inszenierung transformiert Mozarts „Entführung“ bewusst in unsere Gegenwart. Die Sängerinnen, Sänger und Schauspieler trugen demzufolge auch zeitgenössische Kleidung.

Bassa Selim, die einzige Sprechrolle im Singspiel, ist hier der geachtete Chef einer türkischen Firma. Konstanze arbeitet als eine Angestellte in Selims Büro. Der Türke Osmin, Westeuropäern sehr kritisch eingestellt, ist wiederum der Vorgesetzte von Pedrillo und Blonde, die beide im Imbiss arbeiten. Noch ist es relativ friedlich, bis Konstanzes Liebhaber Belmonte, der Kleidung nach einer höheren Gesellschaftsschicht zugehörig, in Selims „Revier“ nach seiner Freundin sucht.

Gleich zwei Dreiecks-Liebesgeschichten: Selim ist Konstanze verfallen, die ihrerseits aber Belmonte liebt. Osmin liebt Blonde, die aber eigentlich Pedrillo will.

Der etwas blasse und weniger selbstbewusste Belmonte ist sich den Gefühlen und der Treue von Konstanze nicht sicher und sehr eifersüchtig . Konstanz beschwört ihre Liebe zu Belmonte, zugleich ist jedoch vom Werben und den Verstand Selims angetan. Auf geistiger Ebene steht ihr Selim näher, die stärkeren Gefühle gehören Belmonte. Blonde ist von Osman nicht begeistert, es macht ihr aber Spaß, mit ihm zu spielen, denn sie will Pedrillo nicht zu sehr in Sicherheit wiegen.

In dieser für die Beteiligten unsicheren Situation brechen alte Ressentiments und Vorurteile auf. Eine geplante Entführung der beiden Frauen durch Pedrillo und Belmonte geht schief und die Situation eskaliert. Der enttäuschte Bassa Selim ringt sich zu einem Gnadenakt durch und unterdrückt die Rachelust….

Der Kabarettist, Schauspieler, Musiker und Autor Serdar Somuncu spielte den Bassa Selim in seine verschiedenen Facetten stark: Als geachteten, selbstbewusst herrschenden, geistreichen Chef einer türkischen Firma, aber auch als enttäuschten und traurigen „einsamen Wolf“, der Großmut zeigt, aber letztendlich zerbricht.

Eleonre Marguerre bewies wieder einmal ihr gesangliches Können bei Mozarts schwierigen , halsbrecherischen Koloraturen. Darüber hinaus verstand sie es wie auch ihre Kollegin Tamara Weimerich als Blonde, den vielen unterschiedlichen Emotionen Ausdruck zu verleihen.

Gut bei Stimme waren auch Fritz Steinbacher als Pedrillo, Lucian Krasznec als Belmonte und Wen Wei Zhang als Osmin. Vor allem Pedrillo und Osmin mussten vollen Körpereinsatz zeigen, hatten aber auch wie bei ihrem gemeinsamen Trinkgelage komische Momente.

Der Opernchor unter der Leitung von Granville Walker war auch diesmal mit ein wichtiger Bestandteil für die Inszenierung. Musikalisch routiniert begleitet wurde die Aufführung von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des „Mozart-erfahrenen“ 1. Kapellmeister Motonori Kobayashi.

Die Inszenierung um Liebe, Vorurteile und Ressentiments gegen fremde Kulturen ist in einer globalisierten, multikulturellen Gesellschaft von heute sicher von Bedeutung. Wir sind darauf angewiesen, miteinander auszukommen und verständnisvoll umzugehen.

Das Publikum zeigte seine Begeisterung für die Aufführung am Ende mit viel Beifall.

Weitere Termine: Fr, 30. Mai 2014, Sa, 07. Juni 2014, Fr, 13. Juni 2014, Fr, 20. Juni 2014, So, 22. Juni 2014 und Fr, 04. Juli 2014