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Im Klangrausch von Sergej Rachmaninow

Das 5. Philharmonische Konzert am 20./21.02.2018 unter dem Titel „klang_rausch“ stand ganz im Zeichen des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow (1873-1943). Im hiesigen Konzerthaus spielte die Dortmunder Philharmoniker unter der professionellen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz drei Werke aus verschiedenen Schaffensperioden des virtuosen russischen Pianisten und genialen Komponisten. Die drei ausgewählte Werke gehören zu seinen Eindrucksvollsten und entstanden alle im Ausland. Durch politische Zwänge sah sich Rachmaninow genötigt, viele Lebensjahre im Ausland zu verbringen. Russische Elegie und emotionale Tiefe wurden von neuen Eindrücken in Verbindungen mit dem schmerzlichen Heimatverlust beeinflusst.

Die „Toteninsel“ – eine Sinfonische Dichtung für großes Orchester op. 29 (1909), wurde durch das gleichnamige Bild (gesehen in Paris) des schweizer Symbolisten Arnold Böcklin inspiriert.

Das Bild zeigt eine schroffe Felsenlandschaft mit hohen Zypresse und Grabkammern in den Klippen. Auf dem dunklen Wasser fährt ein kleiner Kahn mit einem stilisierten Steuermann, einem Sarg sowie eine ominöse weiße Gestalt.

Dieses Sinnbild für „Sympathie mit dem Tod“ verwandelt Rachmaninow in ein tief emotionales musikalisches Klangerlebnis. Das Orchester vermittelte es dem Publikum sensibel und eindringlich. Als Ergänzung fügte der Komponist in seinem Mittelsatz mit idyllischen Flötentönen noch einen musikalischen starken Kontrast ein.

Ein leise Erinnerung an das „süße Leben“ und dann der folgende schmerzhafte Abschied.

Das folgende 4. Klavierkonzert g-Moll op. 40 (Uraufführung 1927) entstand in den USA. Der junge Pianist Alexander Krichel (ECHO Klassik als Nachwuchskünstler 2013 für sein Debüt-Album „Frühlingsnacht“) konnte bei dem Facetten- und abwechslungsreichen musikalischen Ausdrucksformen sein ganzes virtuoses Können und Feingefühl zeigen. Der Wechsel von düsteren und hellen Klängen, Einflüsse von von romantischen und temperamentvollen Passage waren sehr anspruchsvoll. Einflüsse von amerikanischer Stummfilmmusik oder Jazz-Elementen sind erkennbar.

Die unterschiedlichen Stimmungen des 4. Klavierkonzertes von Rachmaninow interpretierte Alexander Krichel sehr gekonnt. (Foto: © Anneliese Schürer)
Die unterschiedlichen Stimmungen des 4. Klavierkonzertes von Rachmaninow interpretierte Alexander Krichel sehr gekonnt. (Foto: © Anneliese Schürer)

Die Musik wechselt bis zum starken Finale ständig hin und her. Zum „Herunterkommen“ gab es (20.02.2018) noch eine gefühlvolle Zugabe des Pianisten aus eigener Feder für das begeisterte Publikum.

Wie schon die anderen Sinfonien von Rachmaninows wurde auch auch die „Sinfonischen Tänze op. 45“ mit dem hiesigen Orchester nach der Pause live (für eine CD) eingespielt.

Die 1941, zwei Jahre vor dem Tod des Komponisten in den USA, uraufgeführten Sinfonischen Tänze sind vor dem Hintergrund der dunklen Zeit (Zweiter Weltkrieg) entstanden. Die Untertitel der drei Sätze, Mittag , Abenddämmerung und Nacht deuten auf eine Art Lebensrückblick hin.

Im Verlauf der drei Sätze sind verschiedene gegensätzliche Stile zu hören. Rhythmische an Märsche erinnernde Klänge Wechsel mit heiteren Walzerklängen, Fragmenten aus der musikalischen Vergangenheit Rachmaninows. Nach einer Steigerung der Musik geht es über in einen traurig-melancholische liturgischen Kirchengesang verbunden gregorianische Dies irea-Motiv (typisch für Rachmaninow) als Hinweis auf den Tod. Alles läuft auf einen dramatischen Totentanz hinaus, der durch ein gewaltiges Finale mit Sehnsucht nach Erlösung befreiend endet.

Zauberhafte Klänge im Konzerthaus

Im 8. Philharmonischen Konzert am 09.05 und 10.05.2017 standen mit „melodien_zauber“ im Dortmunder Konzerthaus zwei russische Komponisten der späten Romantik im Mittelpunkt. Die Reihe um Sergej Rachmaninow (1873-1943) wurde mit seiner letzten 3. Sinfonie a-Moll op. 44 (1936) fortgesetzt. Ergänzt wurde der musikalische Abend nach der Pause mit dem Violinkonzert D-Dur op. 35 von Peter Tschaikowsky (1840 – 1893). Rachmaninow schätzte sein Vorbild Tschaikowsky sehr und konnte ihn in seinen jungen Jahren noch persönlich kennen lernen. Beiden gemeinsam ist ein gefühlvoll-ausschweifende, romantische tonale Musikausrichtung. Beim älteren Rachmaninow sind auch schon neoklassizistische und modernistische Einflüsse zu erkennen. Komponisten wie Arnold Schönberg, mit der von ihm entwickelten modernen Zwölftontechnik, standen schon in den Startlöchern.

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz vermittelte dem Publikum ein Musikerlebnis, dass einfühlsam die Qualität der Werke beiden russischen Komponisten verdeutlichte. Diese gingen oft unter die Haut.

Rachmaninows 3. Sinfonie entfaltete nach ruhigem Beginn eine schwärmerischen Melodienzauber, den er dann stark strukturiert weiter entwickelt. Der zweite Satz wartet mit leidenschaftlichen, kurzen sowie musikalisch vielseitigen Episoden und einen überraschend eingefügten rasanten Scherzo auf. Die Instrumentation wurde um Harfen, Xylophon, Kontrafagott oder Alttrompete erweitert. Der dritte Satz verschlägt das Publikum musikalisch auf eine Art russisches Volksfest mit einem rasanten, bunten und temperamentvollen Finale. Fehlen durfte aber auch nicht der für Rachmaninow bedeutende, hier kunstvoll verarbeitete „Dies Irae“- Choral der lateinischen Totenmesse.

Für das nach der Pause folgende Violinkonzert von Peter Tschaikowsky konnte als Solo-Interpretin die hervorragende Konzertpianistin Mirijam Contzen gewonnen werden. Das technisch anspruchsvolle Programm mit vielen Tempowechseln und virtuosen Kadenzen war eine große Herausforderung für Solistin und Orchester. Die romantisch-sehnsuchtsvollen, dann wieder ins quirlig-virtuosen oder rustikal-volkstümlichen wechselvollen Tonpartien verlangten allen Beteiligten viel ab.

Klagend-melancholische Töne der Klarinette sorgte für einen nachdenklichen Kontrast.

Ein bewegendes Musikerlebnis im Dortmunder Konzerthaus.

Zwischen Traum und Trauma

Das 6. Philharmonische Konzert im Konzerthaus Dortmund am 23. und 24. Februar 2016 stand unter dem Motto „traum_welten“. Das bedeutet nicht nur die traumhaft-ekstatische positiven Seite, sondern auch die dunkle Seite, der Albtraum dahinter.

Besonders deutlich wird das bei Maurice Ravel (1879 – 1937) bei seinem „La Valse, Poème choréographique zu Beginn des Abends. Im Jahr 1916 als Hommage Johann Strauß von Ravel zunächst unter dem Titel „Wien“ konzipiert, wurde der Name nach seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg in „La Valse“ geändert.

Was bei Thomas Manns „Zauberberg“ eine literarische Auseinandersetzung mit dem „Fin de Siècle“ ist, gelingt Ravel beeindruckend auf musikalischer Ebene.

Der Dortmunder Philharmoniker unter der sensiblen und energischen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz gelang es hervorragend, die unterschiedlichen Stimmungen des Stücks bis in die feinen Nuancen für das Publikum lebendig werden zu lassen.

Am Anfang die wie durch einen Nebel gesehenen ausgelassenen Walzerklänge eines höfischen Balls, die immer ekstatischer werden. Zwischendurch sind aber schon bedrohliche Paukenschläge zu hören. Am Ende steigert wie bei einen „Tanz auf dem Vulkan“ in einen hysterischen Taumel bis zur Katastrophe hinter dem Abgrund.

Es folgte das technisch anspruchsvolle 2. Klavierkonzert g-Moll op. 13 von Camille Saint-Saëns ( 1835 – 1921). Die junge Schweizer Pianistin Beatrice Berrut meisterte die Herausforderung der Melange verschiedener stilistischer Einflüsse mit einer scheinbar spielerischen Leichtigkeit. So zum Beispiel in den Solopartien mit der formalen Strenge J.S. Bach, oder dann im plötzlichen Wechsel leicht mit einem romantischen Anklang an Schuhmann im erste Satz „Andante sostenuto“. Das Zusammenspiel mit dem begleitenden Orchester war von großer Harmonie geprägt.

Der zweite. Satz, das „Allegro scherzando“ war melodiös und von beschwingter Leichtigkeit gekennzeichnet.

Der dritte Satz mit dem Finale:Presto (alla breve) nimmt mit einer schwungvollen Tarantella noch einmal gehörig an Fahrt auf hin bis zu den fulminanten Orchesterakkorden am Ende.

Für das begeisterte Publikum gab es von der Pianistin noch eine Zugabe von J.S. Bach.

Nach der Pause folgte das Trauma des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow (1873-1943), die 1. Sinfonie d.Moll op. 13.

Nach der Uraufführung am 27. März 1897 wurde sie zunächst gnadenlos von der Presse verrissen. Das führte bei Rachmaninow zu einer Depression. Hinzu kam noch seine unglückliche Liebe zu Anna Lodyzhenska, der Frau eines Moskauer Kaufmanns. Ihr hatte Rachmaninow die Sinfonie gewidmet und von diesem Schmerz ist sie geprägt. Düster, wuchtig, melancholisch und kraftvoll. Nur kurz heiter beim Volksfest der Zigeuner.. Das Mottothema wie das gesamte Werk von Rachmaninow basiert auf der Tonfolge des „Dies Irae“-Chorals der lateinischen Totenmesse.

Einen persönlichen Bezug zu seiner unglücklichen Liebe zeigen auch die an die Zigeunermusik anklingende musikalischen Elemente. Die Eltern von Anna waren Zigeuner (Roma -Sinti ?).

Temperamentvolle Tarantella und Volksfeststimmung wechselt mit ruhigeren Passagen bis zum gewaltigen Höhepunkt mit dem Schlag eines Tamtams, um dann wieder zum umfassenden Motto des ersten Satzes zurück zu finden.

Melodie ist Trumpf

Am 21. und 22. Oktober 2014 ist wieder Zeit für die Dortmunder Philharmoniker. Das Zweite Philharmonische Konzert steht auf dem Programm. Der Titel lautet „Melodien_selig“.Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz sind Werke von Samuel Barber, Peter Tschaikowsky und Sergej Rachmaninow zu hören.
Von Tschaikowsky werden die Variationen über ein Rokkoko-Thema für Violoncello und Orchester gespielt. Der Solokünstler ist der Schweizer Cellist Christian Poltéra. Ars tremonia sprach mit dem Künstler.

Abschied ist ein scharfes Schwert

Das 7. Philharmonische Konzert am Dienstag und Mittwoch im Konzerthaus Dortmund stand unter dem Oberbegriff „Abschiednehmen“. In seiner 7. Sinfonie nahm Anton Bruckner Abschied von Richard Wagner, Sergej Rachmaninow überarbeitete sein erstes Klavierkonzert 1917, als er Russland verließ. Geschrieben hat er es schon einige Jahre vorher als Abschlussprüfung. Pianist Joseph Moog spielte den Solopart.

 

Das Konzert für Klavier und Orchester Nr.1 in fis-Moll ist Rachmaninows Frühwerk. Das hört man. Einerseits ist die russische Musik in fast jeder Note vorhanden, Erinnerungen an Tschaikowsky kommen auf, aber man spürt die Eloquenz, die der damals 17-jährige an den Tag legte. Dazu kam mit Joseph Moog ein Interpret, der seine Virtuosität in jedem Tastenschlag unter Beweis stellte. Sein Klavierspiel passte ideal zu dem spätromantischen Werk, im dem Rachmaninow sich ja nicht nur als Komponist, sondern auch als Pianist verewigte. Das Spiel der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz ergänzte sich vortrefflich mit dem Klavierspiel von Moog. Eine Zugabe gab es natürlich auch: Moog spielte eine der Nocturnes von Chopin.

 

Nach der Pause wurde es monumental. Bruckners 7. Sinfonie in E-Dur stand auf dem Programm. In dieser Sinfonie ist alles enthalten, was man an Bruckner mag oder hasst. Der Reichtum an musikalischen Erfindungen und die thematische Eloquenz auf der einen und der Hang zum Maßlosen, zum blendenden Prunk auf der anderen Seite. „Mit Kleinigkeiten hat sich Bruckner nie abgegeben“, stand in einem Nachruf auf den Komponisten aus der „Arbeiter-Zeitung“. Dem kann man vorbehaltlos zustimmen, wenn man die 7. Sinfonie gehört hat. Und so setzte Gabriel Feltz mit seinen Philharmonikern die Segel und fuhr durch das große, weite Bruckner-Meer.

Das Adagio, der zweite Satz, hatte etwas besonderes zu bieten: Wagner-Tuben. Trotz des Namens sind die „Tuben“ eigentlich Hörner und so klingen sie auch. In diesem Satz verarbeitet Bruckner musikalisch die Nachricht vom Tode Wagners. So besitzt dieses langsame, getragene Stück eine deutliche elegische Form. Doch die Wagner Verehrung Bruckners lässt sich in seiner 7. Sinfonie öfters heraushören. Nur kommen in Wagners Musikdramen noch Gesang und das Geschehen auf der Bühne hinzu. Zudem besitzt Wagner trotz seiner tiefen und ernsten Musik immer noch einen kleinen Funken Humor, den er bei seinen Werken einarbeitet.

Feltz und seine Musiker verrichten Höchstarbeit auf hohem Niveau. Am Ende sind nicht nur die Musiker ermattet, sondern auch das Publikum. Nach der Urfassung der 1. Sinfonie in der vergangenen Spielzeit und die Erfahrung von Dienstag, muss ich sagen: Bruckner und ich werden wohl keine Freunde, dabei ist und bleibt das musikalische Genie des Österreichers unbestritten.