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Große Ruth Baumgarte-Ausstellung im MKK

Im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) in Dortmund ist unter dem Titel „Werde, die du bist!“ vom 06.03.2022 bis zum 06.06.2022 erneut eine große Ruth Baumgarte-Ausstellung zu sehen.

Beim ersten Versuch durch die Corona-Pandemie gebremst, bekommt das umfangreiche das künstlerische Lebenswerk der in Coburg geborenen und in Berlin aufgewachsenen Malerin, Grafikerin und Galeristin Ruth Baumgarte (1923 – 2013) jetzt über einen längeren Zeitraum seinen verdienten Raum.

Die Übersichtsschau leitet in vier thematischen Kapiteln mit circa 160 Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und historischen Dokumenten durch das reiche Leben und Werk der deutschen Künstlerin.

Dr. Eckhard Gillen vor dem Bild "A man without lifestock isn't a man" (Foto: © Katrin Pinetzki)
Dr. Eckhard Gillen vor dem Bild „A man without lifestock isn’t a man“ (Foto: © Katrin Pinetzki)

Eine starke Persönlichkeit, die ihrer künstlerischen Linie und Ansprüchen immer treu geblieben ist. Die unterschiedlichen Lebensabschnitte wurden auch durch verschieden farbige Wände unterstrichen.

Das Leben dieser Frau war von radikalen Umbrüchen geprägt. Aufgewachsen in der Zeit des Zweiten Weltkrieg mit seinen Schrecken, dann die Zeit des kalten Krieges, den angstbesetzten 1980er Jahren (mit der Tschernobyl-Katastrophe ), Wettrüsten, Wirtschaftskrise, ökologische Krise und die Situation der Menschen in Afrika beeinflussten ihr künstlerisches Schaffen.

Zwei Ehen, drei Kinder und zwei Stiefkinder und Todesfälle in ihrem familiären Umfeld waren ihre „privaten Umbrüche“.

Mit Tuschefeder und Aquarellpinsel bewies sie schon früh ihre präzise Beobachtungsgabe und Emphatie für die sozialen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen ihrer Zeit.

Es gelingt ihr eindrucksvoll, den Schmerz, das Leid, die Ängste der von ihr einfühlsam porträtierten Kinder, Arbeiter oder alten Menschen einzufangen.

Neben Porträts werden auch Theater- und Arbeitswelten eindringlich dargestellt. Ihr zweiter Ehemann war der Industrielle Hans Baumgarte. Über ihn bekam sie Einblicke in das harte Arbeitsleben der Arbeiter in den Eisenwerken.

Selbstporträts zeigen die Entwicklungen und Gefühlslagen der Künstlerin.

Ihre symbolhaften Arbeiten sind kritische Reflexionen zu umweltpolitischer und sozialer Fragen am Ende des 20. Jahrhunderts.. Dabei standen immer die Menschen im Mittelpunkt. In den späteren Jahren werden ihre Gemälde abstrakter und surrealer.

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist sicher der etwa 100 Zeichnungen und Gemälde umfassenden Afrika-Zyklus. Das Ergebnis von mehr als 40 Reisen nach Südafrika oder Ostafrika. Wie das Land und seine Menschen mit seinen Widersprüchen und Konflikten auf sie gewirkt haben, zeigen die eindrucksvollen Arbeiten mit den glühenden Farbwelten.

Eine besondere Ausstellung für eine bemerkenswerte Frau und Künstlerin.

Ruth Baumgarte – eine Illustratorin der Zeitgeschichte

Es gibt nur wenige Frauen, die sich mit der Industriekultur, Technik und Arbeit künstlerisch auseinander gesetzt haben. Zu ihnen gehörte die in Coburg geborene Künstlerin und Illustratorin Ruth Baumgarte (1923 – 2013). Die Mutter war Schauspielerin, der Vater Regisseur. Es zog sie zunächst zur künstlerischen Ausbildung (Illustratorin) nach Berlin. Dann wandte sie sich ausschließlich der freien Kunst zu. Im zweiter Ehe heiratete sie 1952 in zweiter Ehe Hans Baumgarte, den Eigentümer eines Bielefelder Eisenwerks. So ist ihr Interesse für die der Industrietechnik und ihren wirtschaftlichen Hintergründen sowie den sozialen Auswirkungen auf die dort arbeitenden Menschen gewachsen. Später erweiterte sie ihren Fokus mit einem auch kritischen Blick auf die Auswirkungen der der nach Afrika exportierten Industriewerke.

Das Dortmunder Hoesch-Museum zeigt nun vom 11.03.2018 bis zum 06.05.2018 in einer Ausstellung unter dem Titel „Ruth Baumgarte und das Wirtschaftswunder. Farbrausch am Kessel“ über 60 Aquarelle ihrer Zeichnungen und Gemälde (1940 bis 1970) zu Industrie und Arbeit.

Die Schau ist in drei Abteilungen gegliedert: Produktionswelten, Arbeitsalltag sowie Wirtschaftswunder und Expansion. Sie ist in Kooperation mit der Kunststiftung Ruth Baumgarte (gegründet 2012) entwickelt worden. Deren Vorsitzender und Sohn der Künstlerin Alexander Baumgarte war beim Pressegespräch anwesend und konnte Interessantes über das Lebenswerk seiner Mutter berichten.

Was machte ihre Arbeit aus? Ihre Werke sind durch ausdrucksstarke, zum Teil expressive Farbigkeit gekennzeichnet. Formen und Farbflächen gehen teils ins abstrakte, sind aber beeindrucken gleichzeitig durch ihre enorme Detailgenauigkeit. Es ist erstaunlich, mit wie viel unterschiedlichen Stilmitteln Ruth Baumgarte gearbeitet hat. Die Spannbreite geht von Kohle/Grafit auf getönten Grund, Kreide auf getönten Grund oder Aquarelle-Malerei. In ihren letzten Lebensjahrzehnten sind in ihren Werken Einflüsse der „Pop-Art“ zu erkennen.

Man merkt jedem Bild ihre genaue Beobachtungsgabe an Sie ist eine klug-kritische Begleiterin der industriellen Werkprozesse gewesen. Dabei waren ihre Arbeiten immer von Respekt gegenüber den „Malochern“ geprägt, die das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit erst möglich gemacht haben.

Zeigen Werke von Ruth Baumgarte im Hoeschmuseum. (v.l.n.r.) Martin Fenner (Kunststiftung Ruth Baumgarte), Dr. Jens Stöcker (Diektor MKK), Michael Dückershoff (Leiter des Hoesch-Museums) und Alexander Baumgarte (Vorsitzender der Ruth Baumgarte Kunststiftung).
Zeigen Werke von Ruth Baumgarte im Hoeschmuseum. (v.l.n.r.) Martin Fenner (Kunststiftung Ruth Baumgarte), Dr. Jens Stöcker (Diektor MKK), Michael Dückershoff (Leiter des Hoesch-Museums) und Alexander Baumgarte (Vorsitzender der Ruth Baumgarte Kunststiftung).

Wer genau hinsieht, kann in ihren Werken eine gesellschaftskritische ambivalente Haltung heraus sehen. Alexander Baumgarte verriet: „Meine Mutter war immer an den Menschen und den sozialen Brennpunkten interessiert.“ Man könnte sie als eine humanistische Sozialistin bezeichnen.

Die Schau ist zum großen Teil eine malerisch oder grafisch Dokumentation der deutschen Nachkriegsgeschichte und auch ein wacher Blick hinein in die heutige Zeit.

Die Vernissage findet am Sonntag, den 11.03.2018 um 11:00 im Hoesch-Museum statt.

Die bekannte Schauspielerin Hannelore Hoger, die mit Baumgarte bekannt war, wird ausgewählte Texte zur Industriearbeit von Martin Walser und Egon Erwin Kisch lesen. Eine wissenschaftliche Einführung zur Ausstellung werden der Kurator Prof. Hanno Sowade sowie Beate Reifenscheid (Direktorin des Koblenzer Ludwig Museums und Ruth Baumgarte-Kennerin) geben.

Wegen des zu erwartenden großen Andrangs lohnt es sich, frühzeitig vor Ort zu sein und sich gegebenenfalls anzumelden.

Mehr Infos unter www.hoeschmuseum.dortmund.de