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Einblicke in die Vielfalt der Freien Theaterszene

Der erste Tag der 6. Petra Meurer Theatertage 2017  im Dortmunder Theater im Depot am 17.02.2017 gab traditionell wieder einen kleinen, aber feinen Einblick in die Vielfältigkeit der Freien NRW Performance Szene. Moderiert wurde der Abend wieder gewohnt charmant und humorvoll-ironisch von dem inzwischen in Berlin lebenden Rainer Holl.

Los ging es mit dem witzigen Objekttheater von Matthias Hecht & Philip Ritter. Mit unterschiedlichen Gegenständen, die das Publikum ihnen auf die Bühne legte, erschufen sie ganz eigene und überraschende Geschichten. Hecht auf der Bühne wurde kongenial von seinem Partner Ritter am Klavier unterstützt. Schon lustig, was da zum Beispiel mit zwei Regenschirmen oder aus einer einfachen Informationsbroschüre eines Pizza-Service inszeniert wurde.

Eine ganz andere Performance boten danach das Künstlerkollektiv Anna Kpok mit ihrem Programm „Die Teezeremonie des Kalifen“. Sie brachten ein an Computerspiele angelehntes, live auf der Bühne mit einem menschlichen Avatar durchgeführte Teezeremonie. Wie bei den Computerspielen erhielt der „Avatar“ Befehle von drei Damen mit bunten Augenmasken an ihren Laptops, die er befolgen musste. Wie beim richtigen Spiel gab je nach dem auch Punkte zu gewinnen. So gab es zum Beispiel für jeden vom Avatar an das Publikum verteilten Glas Tee einen Punkt. Die bis auf das kleinste Detail konzipierten Kostüme, besonders da vom menschlichen Avatar waren ein Hingucker.

Nach der Pause ging es mit Poetry Slam weiter. Der zweifache Deutsche Meister im Poetry Slam Jan Philipp Zymny bot Kostproben seines Könnens aus dem letzten Programm „Kinder der Weirdness“ um Müdigkeit. Liebe, Pegida und Neo-Nazis.

Zur Abrundung des Abends unterhielten das Musik-Duo Aniyo Kore aus der Dortmunder Nordstadt das Publikum live mit ihrem neuen Akustik-Set. Die beiden Stimmen und die E-Gitarre sorgten für einen starken Sound.

Rückmeldungen aus Robotermund

Paul Hess zeigte eine grandiose tänzerische Leistung. (Foto: © Guntram Walter)
Paul Hess zeigte eine grandiose tänzerische Leistung. (Foto: © Guntram Walter)

„Wir sind die Roboter“, sagen bereits Kraftwerk in den 70er Jahren und die Robotertechnik scheint ja immer weiter voranzuschreiten. Rolf Dennemann hat nach seinem „Rosinenblues“ mit „Feed back“ ein Stück auf die Bühne des Theaters im Depot gebracht, das Tanz und Schauspiel miteinander verbindet. Ars tremonia war in der Vorstellung am Sonntag.

 

„Feedback“. Das ist (unter anderem) eine verbalisierte Rückmeldung an eine Person über ihr Verhalten. Vier Schauspieler, ein Tänzer. Video und Musik sorgten für viele Rückmeldungen. Ein Abend für alle Sinne.

 

Die Rahmenhandlung spielte in einem „Institut für angewandte Manipulation“. Die Probanden spielten vier Robotor, die in unterschiedlichen Dienstleistungsuniformen wie Müllwerker, Krankenhausmitarbeiter, Security Dienste oder Kellner. Ein kleiner Seitenhieb darauf, dass in der Zukunft vielleicht die Straße von einem Roboter gefegt oder die Pflege im Altenheim automatisiert wird. Horror-Vorstellung oder lieber Roboter-Pflege als gar keine Pflege?

 

Kleine Besonderheit des Stückes: Über einen Knopf im Ohr bekamen die Schauspieler Texte vorgesprochen, die sie sofort wiedergeben mussten. Daraus entfiel natürlich die sprachliche Bearbeitung.

Bei den Müllmännern (und -frauen) stand die Debatte um den „Freien Willen“ im Mittelpunkt. Der „Security-Dienst“ beschäftigte sich beispielsweise mit dem Thema „Kunst“. Dabei wurden keine Theatertexte vorgelesen, sondern wissenschaftliche Statements, politische Aussagen oder Zitate von Personen aus Kunst und Gesellschaft. Klingt merkwürdig, funktioniert aber.

 

Eingerahmt wurde diese Veranstaltung durch die wirklich virtuosen Tanzdarbietungen von Paul Hess, der allein den Besuch des Stückes wert ist. Der Höhepunkt war die äußerst witzige Adaption eines Dressurritts mit Passagen und Piaffen und allem, was dazugehört.

 

Matthias Hecht, Thomas Kemper, Elisabeth Pleß und Nicole Janze spielen ihre roboterhaften Gegenstücke fast perfekt. Mit den typischen ruckartigen Bewegungen und den Irritationen, wenn die Sensoren nicht genau wissen, was sie nun zu tun haben. Aber bei allem stammen diese Roboter wohl weder aus den Terminator-Filmen noch aus „Westworld“. Dafür haben sie alle noch ihre kleinen Macken.

 

Das Problem bei den Texten: Redet mehr als ein Schauspieler, wird es schwierig, sich zu entscheiden, wem man folgt. Doch das passiert glücklicherweise nicht zu oft. Ansonsten merkt man, wie grotesk es manchmal ist, was Politiker so von sich geben. Ein gutes Beispiel ist Bundespräsident Gauck, der die Bankenkritik „unsäglich“ nannte.

 

Ein Abend, der mehr Zuschauer verdient hätte. Denn – wie erwähnt – die Tanzeinlagen von Paul Hess waren große Klasse. Auch die Leistung der vier Schauspielerinnen und Schauspieler konnte überzeugen.

FischBAR – Gib mir das Teil

FischBAR ist ein völlig ungewisser Theaterabend mit einem gewissen Herrn Hecht. Alles was er braucht, ist ein Objekt, ein Gegenstand, welchen SIE, das Publikum, mitbringen. Geben Sie ihm DAS TEIL vor der Vorstellung und er wird daraus etwas Neues entstehen lassen, es verwandeln. So wird Ihr Gegenstand der Ausgangspunkt von plötzlich beginnenden Geschichten, Situationen und Begegnungen. Niemand weiß, was als nächstes geschehen wird, wie es enden wird und ob es gelingen wird!
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