Schlagwort-Archive: Lügner

Wenn die Fassade bröckelt

Stellen fest, dass sie die gleichen Probleme haben: Jace (Götz Vogel von Vogelstein) und Leonie (Bianka Lammert). Foto: © Hans Jürgen Landes
Stellen fest, dass sie die gleichen Probleme haben: Jace (Götz Vogel von Vogelstein) und Leonie (Bianka Lammert). Foto: © Hans Jürgen Landes

Am Freitag, den 5. September 2014 war Premiere für „Lügner“, von Dennis Foon, (Übersetzung Anne Fritsch) im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Das Stück beschäftigt sich mit einer ernsten, aus dem gesellschaftlichen Fokus oft verdrängten Thematik: Es geht um den Umgang mit Sucht, in diesem Fall um Alkoholsucht. Im Mittelpunkt stehen die betroffenen Kinder und Jugendlichen, die unter der Alkoholproblematik eines ihrer Elternteile leiden und verzweifelt sind. Sie alle gehen – je nach Charakter – mit der Problematik unterschiedlich um.

„Lügner“ greift exemplarisch am Beispiel von den Jugendlichen Jace und Leonie (Lenny) zwei mögliche Verhaltensmuster auf. Während Jace auf offen und konfrontativ mit der Alkoholsucht seines Vaters umgeht und sich enttäuscht beim Kiffen Gelassenheit sucht, verdrängt Lenny zunächst die Sucht ihrer Mutter. Sie ist bemüht, als „gute Tochter“ den Familienbetrieb in allen Belangen reibungslos am Laufen zu halten und möglichst perfekt zu funktionieren. Dabei bekommt sie auch durch ihren beruflich angespannten Vater Druck, der die „Lügenfassade“ um jeden Preis aufrecht erhalten möchte. Die beiden Jugendlichen mit der gleichen Problematik können offen miteinander sprechen und verlieben sich. Während Jace nach einem heftigen Konflikt mit seinem Vater enttäuscht flüchtet und zum Ende hin wohl ebenso wie sein Vater in die Drogensucht abrutscht, wird sich Lenny immer mehr bewusst, dass sie sich Hilfe von außen holen muss. Sie nimmt die Herausforderung und den harten Weg zu mehr Unabhängigkeit an …

Götz Vogel von Vogelstein spielte den im bekifften Zustand gelassenen, offen konfrontativen Jace glaubhaft und auch mit einer Portion Humor. Äußerlich wie Kurt Cobain, sorgt er in der ernsten, oft wütend machenden Geschichte für einige komische Momente und Gags. Köstlich, wie er zum Beispiel den leergegessenen Brotbehälter zum Schluss noch aus leckt. Man merkt ihm zwischendurch eine versteckte Wut, Enttäuschung und Resignation an.

Bianka Lammert als Lenny als Musterschülerin überzeugte als ein junges Mädchen, dass verzweifelt, weil es allen recht zu machen muss, um das Alkoholproblem ihrer Mutter nicht nach außen dringen kann. Sie bringt auch den Wandel zu einer sich langsamen entwickelnden Bewusstseinsänderung und Verzweiflung bei Lenny auf die Bühne.

Eine Herausforderung besonderer Art für die Schauspieler war wohl die Darstellung der alkoholkranken Elternteile. Mit Bravour meisterten Bettina Zobel als Lennys Mutter und Andreas Ksienzyk als Jace Vater diese schwierige Aufgabe. So stellten sie vor allem das unberechenbare Verhalten Alkoholkranker glaubhaft dar. Mal jammernd und von Selbstmitleid geprägt, mal aggressiv die Kinder beschimpfend. Plastisch standen ihnen „Schutzpuppen“ in (fast) Lebensgröße zur Seite, die beide Schauspieler geschickt einsetzten.

Andreas Ksienzyk bewies seine Wandlungsfähigkeit, indem er auch noch die Rolle des auf seinen guten Ruf bedachten Vaters von Lenny und auch noch den Lehrer überzeugend spielte.

Ein großes Kompliment an Christine Köck, die diese Puppen mit viel Sorgfalt gebaut hat. Die Puppen trugen genau dieselben Kleidungsstücke wie die Schaupieler, nur die Gesichter waren verzerrt dargestellt. Das Bühnenbild mit zwei übergroßen Tischen und Stühlen unterstrichen die verzerrte Wahrnehmung.

Ein dramaturgisch guter, passgenauer Einsatz von musikalischen Einspielungen, rundete das gelungene Gesamtbild der Inszenierung ab. Im Mittelpunkt der Inszenierung von Johanna Weißert stehen deutlich die beiden jungen Menschen.

Hilfe können betroffene Kinder und Jugendliche zum Beispiel auf www.nacoa.de bekommen.

Die bundesweite Notrufnummer „Hilfe, meine Eltern trinken“ ist kostenlos: 0800-280 280 1

(täglich zwischen17 und 23 Uhr geschaltet und am Wochenende rund um die Uhr)

Bei .Alateen trifft man andere betroffene Jugendliche. Es gibt 40 Gruppen in Deutschland. www.alateen.de

Auf www.kidkit.de können die Kinder und Jugendlichen mit einem Beraterteam Kontakt aufnehmen.

Weitere Termine: SO, 07. September 2014, FR, 12. September 2014, DO, 18. September 2014, SO, 21. September 2014, MI, 24. September 2014, DO, 25. September 2014, DI, 30. September 2014, MI, 01. Oktober 2014, DO, 02. Oktober 2014, DI, 28. Oktober 2014, MI, 29. Oktober 2014 und DO, 30. Oktober 2014.

 

Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Wenn Alkoholsucht zum Lügen zwingt

Andreas Ksienzyk und Götz Vogel von Vogelstein. ©Hans Jürgen Landes
Andreas Ksienzyk und Götz Vogel von Vogelstein.
©Hans Jürgen Landes

Mit dem Stück „Lügner“ nach dem kanadischen Autoren Dennis Foon mit der deutschen Übersetzung von Anne Fritsch für Jugendliche ab 14 Jahren, die Premiere ist am Freitag, den 5. September 2014 um 19:00 Uhr im Kinder- und Jugendtheater, widmet sich Regisseurin Johanna Weißert einem brisanten Thema: Exemplarisch an zwei 16-jährigen Jugendlichen wird der unterschiedliche Umgang mit der Alkoholsucht jeweils eines ihrer Elternteile dargestellt.

 

Angelehnt an die wissenschaftlichen Arbeiten von Sharon Wegschneider werden diese Jugendlichen als „vergessene Kinder“ bezeichnet, die in ihrer Beziehung zu ihrem süchtigen Elternteil in bestimmte Rollenmuster verfallen. „Vergessen“ nennt man sie, weil sich alles in der Familie um den Süchtigen dreht.

 

Es gibt verschiedene Reaktionsmechanismen der Betroffenen auf diese Situation. „In dem Stück versucht die verantwortungsbewusste Schülerin Lenny zunächst, die Alkoholsucht der Mutter zu verdrängen und gibt ihr Bestes, um den „Familienbetrieb“ am Laufen zu halten. Sie sorgt als „gute Tochter“ dafür, die Lügenfassade einer glücklichen, perfekten Familie aufrecht zu erhalten. Sie ist auf der Suche nach Halt und ihr wird nach und nach klar, dass sie sich dem Problem anders stellen muss und sie sucht nach Lösungen.

Ihr Mitschüler Jace geht offen mit der Alkoholsucht seines Vaters um und geht die Sache konfrontativ an. Er ist in sich zurückgezogen und voller Abwehr und Feindseligkeit. Schließlich haut er von zu Hause ab und flüchtet sich in Joints. Die unterschiedlichen Charakter verlieben sich ineinander und versuchen einer Loslösung von dem Alkoholproblemen ihrer Eltern“, so Weißert.

 

„Trotz der schweren Problematik ist „Lügner“ auch eine schräge Liebesgeschichte mit humorvoll-satirischen Momenten. Diese entstehen vor allem durch die punktgenaue Darstellung der gestörten, unterschiedlichen Wahrnehmungen der Figuren. Es geht um gestörte Kommunikation“, erklärte die Regisseurin weiter. Dabei bringen zwei lebensgroße Puppen die widersprüchlichen Haltungen und Verhaltensweisen der Erwachsenen plastisch zum Ausdruck. „Die „Sucht“ tritt sozusagen als eigene Kraft auf“, so Weißert.

 

Bei der Aufführung geht es um die Perspektive der Kinder. Wo ist ihr Ansprechpartner?

 

Hilfe und Information für die Kinder, deren Eltern trinken, gibt es zum Beispiel unter www.nacoa.de und die bundesweite Notrufnummer „Hilfe, meine Eltern trinken“ ist kostenlos: Tel.: 00800-280 280 1

Sie ist täglich zwischen 17:00 und 23:00 Uhr geschaltet und am Wochenende rund um die Uhr!

Bei Alateen kann man zudem andere betroffene Jugendliche treffen. Es gibt 40 Gruppen in Deutschland www.alateen.de

Auf www.kidkit.de kann man per mail Kontakt mit einem Berater aufnehmen.

 

Neben der Premiere am 05. September gibt es weitere Termine: SO, 07. September 2014, FR, 12. September 2014, DO, 18. September 2014, SO, 21. September 2014, MI, 24. September 2014, DO, 25. September 2014, DI, 30. September 2014, MI, 01. Oktober 2014, DO, 02. Oktober 2014, DI, 28. Oktober 2014, MI, 29. Oktober 2014 und DO, 30. Oktober 2014.

 

Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.