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Höhepunkt des Kunstliedes

Wenn es so etwas wie ein Destillat der Romantik gäbe, dann wäre es wohl zusammen mit der „Winterreise“ der Liedzyklus „Die schöne Müllerin“, beide von Franz Schubert. Romantische Gedichte kombiniert mit romantischer Musik machten aus der „Müllerin“ einen Evergreen des Kunstliedes und viele Interpreten haben es gesungen, darunter Dietrich Fischer-Dieskau. Bei der letzten Liedmatinee in der aktuellen Spielzeit am 26. April 2015 sang Bariton Gerardo Garciacano die „Müllerin“ unterstützt von Sonja Lohmiller am Klavier.

Die 20 vertonten Lieder des Dichters Wilhelm Müller erzählen die Geschichte eines wandernden Müllergesellen („Das Wandern ist des Müllers Lust“), der sich in die Müllerstochter seines neuen Arbeitgebers verliebt („Der Neugierige“). Zunächst macht sie ihm anscheinend Hoffnungen („Mein!“), aber dann verliebt sie sich in den Jäger („Der Jäger“), was den Zorn des jungen Mannes erregt („Eifersucht und Stolz“). Letztlich begeht der arme Müllergeselle Selbstmord („Der Müller und der Bach“) und ertränkt sich. Das letzte Lied „Des Baches Wiegenlied“ singt der Bach, der in dem Zyklus eine übernatürliche Rolle spielt, denn er führt den Gesellen zunächst zu seinem vermeintlichen Glück, das sich aber als Unglück entpuppt.

Garciacano, der in den Da Ponte-Opern von Mozart mitspielte, aktuell singt er den „Don Giovanni“, zog die Zuhörer mit seiner Stimme in die Lieder hinein und vermittelte eindrucksvoll die Stimmungen des Müllergesellen. Von zarter Liebe über wütende Eifersucht beim Lied „Der Jäger“ bis hin zu Trauer und Verzweifelung – Garciacano konnte alle Register ziehen. Dabei wurde er von Sonja Lohmiller auch kompetent begleitet.

Einen kleinen Bonus gab es auch: Georg Holzer, Chefdramaturg der Oper, las vier der fünf nichtvertonten Gedichte von Müller.

Carmen – die Geschichte einer femme fatale

Kaum eine Oper ist bekannter als „Carmen“ von Georges Bizet. Am 01. Februar steht sie auf dem Spielplan der Oper Dortmund. Auf einer Matinee gaben Dramaturg Georg Holzer, der musikalische Leiter Gabriel Feltz sowie Regisseurin Katharina Thoma Einblicke in das Stück.

 

Es ist ja ironisch: Die Uraufführung von „Carmen“ am 03. März 1875 in Paris war ein Misserfolg für den Komponisten Bizet. Dass die Oper schon ein halbes Jahr später in Wien ein riesiger Erfolg wurde, erlebte Bizet nicht mehr. Er starb bereits am 03. Juni 1875 mit 36 Jahren.

 

Was macht die Faszination von „Carmen“ aus? Neben der Musik sicher die immer frische Thematik einer Dreiecksbeziehung. Denn die Titelheldin Carmen steht zwischen zwei Männern. Unerhört in der damaligen Zeit war wohl die lockere Moral in dem Stück und dass es sich bei Carmen um eine ziemlich selbstbewusste Frau handelt.

 

„Carmen ist ein Typ Frau, den es immer geben wird“, so Holzer. Die femme fatale ist Zigeunerin, kommt also aus der Unterschicht. Heute würde man Prekaritat dazu sagen. Carmen verdreht jedem Mann den Kopf, weil sie Unabhängig ist. „Carmen ist eine Frau, die weiß, wie man sich durchs Leben kämpft“, beschreibt Holzer die Titelheldin. Diese Unabhängigkeit macht ihrem Verehrer Don José zu schaffen.

Don José ist ein echtes Muttersöhnchen, wird durch seine Leidenschaft zu Carmen immer brutaler und unberechenbarer. Als sich Carmen in den Stierkämpfer Escamillo verliebt, kommt es zur Katastrophe. Don José ermordet Carmen.

 

Neben der Wandlung von Don José vom Muttersöhnchen zum Mörder ist auch die Wandlung von Carmen von Bizet spannend umgesetzt. Carmen beginnt als machtvolle Frau, die weiß, wie sie ihre Waffen einsetzen kann, bis sie vom Stierkämpfer Escamillio „bezwungen“ wird. Doch Kompromisslosigkeit, mit der sie ihre Schönheit einsetzt, kann nicht ewig weitergeführt werden. Denn Schönheit ist endlich. Was wäre mit Carmen wohl passiert, wenn sie nicht ermordet worden wäre? Ehefrau von Escamillo mit vielen Kindern oder müsste sie einsam als Bettlerin auf der Straße leben?

 

Das Stück wird in der alten Dialogfassung aufgeführt, denn „die Rezitativfassung wäre auch nicht natürlich“, so die Regisseurin Thoma.

 

Carmen wird gesungen von Katharina Peetz (oder von Ileana Mateescu), Don José singt Christoph Strehl und Morgan Moody übernimmt die Rolle von Escamillo.

 

Termine: SA, 01. FEBRUAR 2014, SO, 09. FEBRUAR 2014, SA, 15. FEBRUAR 2014, FR, 21. FEBRUAR 2014, MI, 05. MÄRZ 2014, SA, 08. MÄRZ 2014, SO, 16. MÄRZ 2014, SO, 23. MÄRZ 2014, DO, 27. MÄRZ 2014, SO, 20. APRIL 2014 und SA, 05. JULI 2014