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Im weißen Rössl – Mit guter Laune an den Wolfgangsee

Dass es sich bei der Premiere um die Operette „Im weißen Rössl“ handeln musste, daran ließ Bühnenbilder Toto keine Zweifel aufkommen. In seinem Alpenpanorama war ein riesiger weißer Pferdekopf zu sehen, auch links und rechts der Bühne hatten zwei Schimmel neben den obligatorischen Kühen das Landidyll vervollständigt. Ansonsten sah es so aus, als ob das Hotel „Im weißen Rössl“ direkt in den Berg gebaut wurde samt schiefer Terrasse. Der Ort war bereitet, es konnte also zur Premiere am 18. Januar 2020 losgehen.

Zur Geschichte der Operette: „Im weißen Rössel“ hatte ursprünglich 1930 Premiere. Das Lustspiel von Hans Müller und Erik Charell spielt eigentlich im Jahre 1900, deshalb taucht auch die Figur des Kaisers Franz-Joseph auf. Die Musik stammt von Ralph Benatzky mit weiteren musikalischen Einlagen unter anderem von Robert Stolz.

Ein wenig Slapstick gehört dazu. Piccolo (Thomas Stilitis) trägt die Teller, Josepha (Irina Simmes) hofft, dass nichts zu Bruch geht, Leopold ((Mathias Störmer) hofft auf Josepha. ©Anke Sundermeier, Stage Picture
Ein wenig Slapstick gehört dazu. Piccolo (Thomas Stilitis) trägt die Teller, Josepha (Irina Simmes) hofft, dass nichts zu Bruch geht, Leopold ((Mathias Störmer) hofft auf Josepha. ©Anke Sundermeier, Stage Picture

Der Inhalt der Handlung: Zahlkellner Leopold liebt die „Rössl-Wirtin“ Josepha, die aber wiederum in ihren Stammgast Otto Siedler aus Berlin verliebt ist. Der ist Rechtsanwalt und führt einen Rechtsstreite gegen den Fabrikanten Giesecke, der mit seiner Tochter Ottilie ebenfalls im „weißen Rössl“ absteigt. Kompliziert wird es, als Sigismund Sülzheimer, der Sohn von Gieseckes Konkurrenten auftaucht. Im Schlepptau hat er Professor Hinzelmann und seine Tochter Klärchen. Zum Verdruss von Josepha verliebt sich Siedler in Ottilie, während Sigismund und Klärchen ein Paar werden. Obwohl Josepha Leopold zunächst entlässt, erkennt sie zum Schluss, dass nur er sie wirklich liebt.

Bis zum Happy End für die drei Paare brennt die Operette ein Feuerwerk an bekannten Melodien ab: „Im weißen Rößl am Wolfgangsee“, „Was kann der Sigismund dafür, daß er so schön ist?“, „Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“, „Es muß was Wunderbares sein“oder „Die ganze Welt ist himmelblau“. Das sind alles Lieder, die so bekannt geworden sind, dass sogar diejenigen sie kennen, die mit Operette nichts am Hut haben. Die Operette war in ihrer Ursprungszeit 1930 sehr jazzig unterwegs, weil Jazz das moderne Ding damals war. Es ist Matthias Grimminger und Henning Hagedorn zu verdanken, dass wir die Rekonstruktion der Originalfassung zu hören bekamen. Doch musikalisch wurde noch mehr geboten, denn Regisseur Thomas Enzinger ließ Kathi (Johanna Schoppa) ein paar Zeilen rappen. So wurde die neue moderne Musik in die Inszenierung eingewoben.

Enzingers Inszenierung in Kombination mit Totos Bühnenbild über auch leise Kritik an dem Massentourismus, der schon vor über 100 Jahren am Wolfgangsee Einzug hielt. Dampferschiffsladungen von Touristen drängen sich ins kleine Hotel, sehr zum Missfallen der beiden Kellner Leopold und Piccolo. Selbstverständlich gibt es auch Reibereien zwischen dem Berliner Grantler Giesecke (sehr gut von Steffen Schortie Scheumann dargestellt) und dem Einheimischen. Wobei alles in allem überwiegt die gute Laune. Man spürt, dass das Ensemble von den Sängern auf der Bühne und die Musiker im Orchestergraben Lust haben und das überträgt sich auf die Besucher. So kann Leopold (gesungen vom Österreicher Matthias Störmer) die Besucher animieren, feierlich einige Zeilen einer österreichischen Hymne zu Ehren des Kaisers zu singen. Auch aktuelle und lokale Bezüge wurden gerne eingearbeitet. So weiß Leopold den begriffsstutzigen Piccolo mit „Kommst du etwa aus Gelsenkirchen?“ zurecht. Kaiser Franz-Josef (Hannes Brock) antwortet auf das Stichwort „Rücktritt“: Er müsse nicht so handeln wie Harry und Megan.

Wie schon erwähnt, alle auf der Bühne hatten sehr viel Spaß. So ist es schwer, jemanden hervorzuheben. Mathias Störmer hatte sicherlich die Hauptrolle, doch auch Irina Simmes (Josepha), Guilia Montaneri (Ottilie), Fritz Steinbacher (Dr. Siedler), Morgan Moody (Sigismund), Karin Müller (Klärchen), Hannes Brock (Kaiser Franz Josef II) und Steffen Schorty Scheumann) sangen und spielten sich ins Herz des Publikums. Auch die kleinen Tanzeinlagen waren spektakulär.

Wer also Lust hat, den ursprünglichen Flair des „weißen Rössls“ wieder zu erleben, sollte unbedingt eine Karte für die nächste Vorstellung kaufen. Er oder sie wird nicht enttäuscht sein.

Neverland – Junge Oper mit behutsamer Adaption von Wagners Lohengrin

Im Rahmen des Wagner-Kosmos der Oper Dortmund mit der Premiere von „Lohengrin“ startete die Junge Oper schon vorher ( Premiere 26.10.2019) mit „Neverland“ einer speziellen Adaption der Romantischen Oper (auch) für Jugendliche ab 12 Jahre.

Frei nach Richard Wagners (1813 – 1883) Lohengrin entstand dieses Werk in der Fassung von Francesco Damiani und Alvaro Schoeck. Musikalisch sensibel begleitet wurde die Aufführung von einer kleineren Gruppe von Bläsern und Streichern der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Satomi Nishi.

Mit Fritz Steinbacher (Lohengrin), Irina Simmes (Elsa), Hyona Kim (Ortrud) und Mandla Mndebele (Friedrich) hatte man starke Stimmen mit an Bord. Sie konnten hier ihr vielseitiges Können unter Beweis stellen. Ob mit Stimme oder Gestik, alle zeigten vollen Einsatz und konnten überzeugen.

Wie bringt man jungen Menschen den komplexen Stoff mit seinem mythologischen und historischem Hintergrund sowie die Musik dieses ambivalenten Komponisten näher? Wie einen Einstieg und ersten Zugang schaffen?

Dramatik auf der Bühne bei Neverland: Irina Simmes (Elsa), Fritz Steinbacher (Lohengrin), Hyona Kim (Ortrud). Foto: © Theater Dortmund
Dramatik auf der Bühne bei Neverland: Irina Simmes (Elsa), Fritz Steinbacher (Lohengrin), Hyona Kim (Ortrud). Foto: © Theater Dortmund

Die Inszenierung versucht dies durch die hauptsächliche Konzentration auf das große Frageverbot im Lohengrin: „Nie sollst du mich befragen…“. Ist es aus heutiger Sicht klug, in einer Beziehung (nicht nur) als Frau seine Zweifel zu äußern? Sind Geheimnisse nicht Gift für eine Beziehung?

Lohengrin trägt ein Geheimnis mit sich herum, das er seiner Liebe Elsa, die sich nichts mehr als eine ungetrübte Zweisamkeit und eheliches Lebensglück wünscht, nicht offenbaren darf. Sein Lebenskonstrukt gerät sonst aus den Fugen. Ortrud und Friedrich sehen die Beziehung skeptisch, haben aber auch ihre eigenen Geheimnisse. Ist Lohengrin etwa eine Schwindler und Betrüger? Sie helfen Elsa, sich durch selbständiges Denken von ihren romantischen Träumen zu befreien und die Frage nach seinem Geheimnis (Name und Art) zu stellen. Es muss tragisch enden.

Die Grals-Mythologie, der historische Hintergrund und andere Begebenheiten aus dem Original-Lohengrin werden eher symbolhaft angedeutet.

Eine besondere Eindringlichkeit der Aufführung lag in der Nähe des Publikums zum Geschehen in der Jungen Oper. Diese wurde von zwei Seiten bestuhlt. In der Mitte ein mit Kunstrasen umrahmter Graben. Die Delegation der Bläser saß auf Stühlen am Rand, die Streicher mitten im Graben. Auch Lohengrin lag zunächst auf einem Liegestuhl im Graben. Ein Symbol für seine eingeschlossene „geheimnisvolle Welt“.

Der Schwan, der im Lohengrin eine wichtige mythische Rolle spielt, taucht symbolhaft an der Seite einer Holzbank, und am Schluss als künstlicher Schwanenkopf in der Hand des Friedrich auf. Der Brautschleier wurde dramaturgisch geschickt vielfältig als Symbol genutzt.

Die Adaption folgt sowohl musikalisch wie textlich dem Original in drei Akten und bietet so einen Einstieg in das monumentale Werk von Wagner mit einer heutigen Perspektive. Das durchkomponierte Musikdrama bietet so einiges an Facetten. Das Vorspiel am Anfang vermittelt mit seinen leisen sphärischen Streicherklängen die Aura des Grals. Später wechselt die musikalische Stimmung je nach Handlung von dramatisch bis romantisch.

Die Motive „Nie sollst du mich befragen…“ und „Treulich gefreit…“ (Symbol für die Hochzeitsträume) ziehen sich ähnlich einem roter Faden durch die Musik.

Da der gesungene deutsche Text nicht übertitelt wurde, konnte man diesen trotz klarem Gesang nicht genau verfolgen.

Es ist durchaus ratsam, sich vorher doch genauer mit dem Original-Lohengrin und allen Hintergründen zu befassen.Vielleicht sollte es eine Anregung gerade für die Jugendlichen sein, sich damit auseinander zu setzen. Das Publikum war jedenfalls von der Leistung der Akteure angetan.

Informationen zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.

Eine bunte Operetten-Gala

Unter dem Titel „Bei einem Tee à Deux“ lud Moderator Kammersänger Hannes Brock am Sonntag, den 18.09.2016 die Freunde der Operette wieder in das Dortmunder Opernhaus. Musikalisch begleitet wurde das vielseitige und bunte Programm des Abends von der Dortmunder Philharmoniker unter der locker-leichtfüßigen Leitung von Philipp Armbruster.

Sie begannen das Programm mit der Ouvertüre aus der „Lustigen Witwe“ von Franz Lehár.

Der Chor des Theaters Dortmund stand den acht hochkarätigen Interpreten bei einigen Nummern, wie etwa Emily Newton bei „Heia, heia, in den Bergen“ aus Emmerich Kálmáns „Die Csárdásfürstin“, tatkräftig zur Seite. Passend zu den jeweiligen Operetten wurden Fotos aus den entsprechenden Aufführung früherer Jahrzehnte in diesem Haus an die linke Wandseite projiziert. Neben Emily Newton versprühten Tamara Weimerich, Ashley Thouret und Almerija Delic Witz, Temperament und Freude am Gesang und Bewegung.

Auch die vier männlichen Pendants, Morgan Moody, Fritz Steinbacher, Luke Stoker und Joshua Whitener boten neben ihren guten Stimmen auch Kostproben ihres komödiantischen Talents.

So musste Luke Stoker beim „Fliegenduett“mit Ashley Thouret aus Jacques Offenbachs „Orpheus in der der Unterwelt“ zur Freude des Publikums in einem ganz besonderem „Insektenkostüm“ auftreten. Das tat er mit viel Sinn für Humor.

Einen Ausblick auf die Premiere von „Blume von Hawaii“ (Paul Abraham) im Januar 2017 gaben Tamara Weimerich und Morgan Moody mit dem komisch-lustigen Duett „Ich hab ein Diwanpüppchen“.

Die Bandbreite des Abends reichte von Operetten wie „Zigeunerliebe“ (Franz Lehár), Melodien aus Musicals wie „Maria“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“, weniger bekannten Stücken wie „Leise, ganz leise“ aus „Ein Walzertraum“ von Oscar Straus bis zu „If I loved you“aus „Carousel“ von Richard Rogers.

Ks. Hannes Brock bewies nicht nur als Moderator seinen gewohnten Witz und Selbstironie, sondern zeigte auch als Sänger und als Tänzer, was er alles noch drauf hat. Mit einem temperamentvollen Finale schickte das gesamte Gala-Ensemble das Publikum beschwingt nach hause.

Familienoper im perfektem Licht

Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © ©Anke Sundermeier)
Mit Smartphone wäre das nicht passiert: Hänsel (Ileana Mateescu) und Gretel (Julia Amos) verirrten sich im Wald. (Foto: © Anke Sundermeier)

„Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck ist ein Klassiker. Seine kindgerechte Bearbeitung des Grimmschen Märchen steht in Regelmäßigkeit auf den Spielplänen der Theater. Regisseur Erik Petersen tat gut daran, den Stoff nicht krampfhaft zu modernisieren, sondern wie bei seiner vorherigen Arbeit „La Cenerentola“ einige visuelle Highlights zu setzen. Neben den fantastischen Kostümen und dem aufwändigen Bühnenbild, war vor allem das Lichtdesign ein Hingucker. Ein Premierenbericht vom 08. November 2015.

Die Lebenssituation von Selbstständigen scheint in Petersens Inszenierung extrem schlecht zu sein, denn die Eltern von Hänsel und Gretel haben Mühe über die Runden zu kommen. Die Mutter (Martina Dike) unterrichtet als Lehrerin für Lebensmittel und der Vater (Sangmin Lee) ist als Besenbinder eine Art „Ich AG“. Die Behausung der Familie erinnert ein wenig an das berühmte Bild von Spitzweg mit dem armen Poeten, das Dach ist im Eimer und die Töpfe sammeln das Regenwasser. Klar ist auch, dass es in dieser Zeit kein Arbeitsschutzgesetz gibt und die Kinder kräftig mithelfen sollen. Gretel (Julia Amos) soll Strümpfe stricken und Hänsel (Ileana Mateescu) seinem Vater nachfolgen und Besen binden.

Diese fast schon pittoreske Situation verändert sich im zweiten Bild völlig. Denn Vater kommt mit Lebensmitteln zurück und Mutter muss ihm beichten, dass sie die Kinder in den Wald geschickt hat. Die Szenerie wird etwas gruseliger als der Vater das „Hexenlied“ anstimmt. Türen öffnen sich und am Ende tanzt eine in roten Licht getauchte Hexengestalt über dem Szenario.

Auch im Wald geht es bald gruselig zu. Nach dem bekannten „Ein Männlein steht im Walde“ senkt sich der Abend über die Kinder und unheimliche Gestalten und Irrlichter tauchen auf. Gut, dass der Sand- und Taumann (Tamara Weimerich) sowie 14 sterndurchflutete Engeln um die Kinder wachen.

Nach der Pause gelangen die Kinder ins Herrschaftsgebiet der Knusperhexe (Fritz Steinbacher) und das Schicksal nimmt ihren Lauf für die alte Dame: Sie wird von den Kindern ausgetrickst und landet im Ofen. Passend-erweise kommen noch die Eltern von Hänsel und Gretel vorbei und die von der Hexe verzauberten Lebkuchenkinder erwachen wieder zu neuem Leben.

Diese Inszenierung ist eine großartige Arbeit von Tatjana Ivschina (Bühne und Kostüme) und Florian Franzen (Licht). Beide zaubern ein märchenhaftes, buntes Ambiente, in der sich die Sängerinnen und Sänger sichtlich wohlfühlen. Das Hexenhaus besteht aus mehreren Etagen und ist liebevoll und detailliert ausgeschmückt. Ein optisches Highlight.

Gut aufgelegt war auch das Ensemble bei der Premiere. Mateescu gab einen frechen und übermütigen Hänsel, während Amos (mit roter Perücke), eine etwas schüchterne, aber zum Schluss entschlossene Gretel sang.

Großen Applaus gab es auch für Sangmin Lee, der einen herrlich überdrehten Vater spielte und dem man die Lust auf diese Rolle förmlich ansah. Eine kleinere, aber eindrucksvolle Rolle hatte Martina Dike als Mutter, die mit ihren Kindern überfordert war. Das Sandmännchen und das Taumännchen sind eine Erfindung von Humperdinck. In der Doppelrolle überzeugte Tamara Weimerich nicht nur gesanglich, sondern sorgte durch ihre Kostüme für ein märchenhaftes Erlebnis.

„Böse“ Rollen mit Charme und Humor zu spielen: eine Spezialität von Fritz Steinbacher. Nach einem Wiener Ganoven bei „Kiss me Kate“ singt er jetzt die Hexe.

Im Verlauf der Aufführungen wechselt die Besetzung ein wenig: Julia Amos und Tamara Weimerich tauschen ihre Rollen und anstelle von Steinbacher wird Kammersänger Hannes Brock die Hexe spielen.

Die Musik von Humperdinkc war bei Phillip Armbruster und den Dortmunder Philharmonikern in guten Händen, denn spät-romantische Musik gehört zu ihren Spezialitäten. Humperdinck kombiniert wagnerischen Pathos mit Kinder- und Volksliedern zu einer durchaus bekömmlichen Mischung.

Mehr Infos und Termine unter www.theaterdo.de

Ein swingendes Musical

Emily Newton (Lilli Vanessi) und Morgan Moody (Fred Graham). ©Thomas Jauk / Stage Picture GmbH
Emily Newton (Lilli Vanessi) und Morgan Moody (Fred Graham).
©Thomas Jauk / Stage Picture GmbH

Nach der Wagnerischen Tragödie „Tristan und Isolde“ wehte Lust und Lebensfreude bei der Premiere von „Kiss me, Kate“ durch das Opernhaus. Zwei fantastische Hauptdarsteller, ein gut aufgelegtes Ensemble, tolle Musik und unaufgeregte Regie schufen einen sehr gelungenen Musical-Abend. Ein Premierenbericht vom 27. September 2015.

„Kiss me, Kate“ von Cole Porter ist ein Stück im Stück. In den USA, einige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, führt Schauspieler und Produzent Fred Graham (Morgan Moody) eine musikalische Fassung von Shakespeares „Der widerspenstigen Zähmung“ auf. Als weitere Hauptrolle hat Graham Lilli Vanessi (Emily Newton) engagiert. Vanessi und Graham haben sich vor genau einem Jahr getrennt. Graham hat ein Auge auf die Sängerin Lois Lane (Nedime Ince) geworfen und Vanessi will den General Howell (Hannes Brock) heiraten. Doch alte Gefühle flammen wiede auf. Kompliziert wird es, als zwei Gangster (Fritz Steinbacher und Karl Walter Sprungala) Geld von Graham eintreiben wollen.

Regisseur Martin Duncan hat mit leichter Hand ein sehr bekömmliches Musical-Menu geschaffen. Er hatte auch sehr gute Zutaten. Mit Moody und Newton spielten und sangen zwei Darsteller, die nicht nur sehr gut singen, sondern auch sehr gut schauspielen können. Das ist für ein Musical auch extrem wichtig. Moody spielte einen Graham, der zunächst sehr selbstgefällig war, zum Schluß aber auch sentimental wurde. Newton war die Rolle der Vanessi auf den Leib geschrieben. Sie ging durch ein Wechselbad der Gefühle. Zwar sollte sie General Howell heiraten, aber Anfangs waren noch Gefühle für Graham vorhanden. Die waren vorbei, als sie den Brief las, der eigentlich an Lane gehen sollte.Erst ganz zum Schluss gibt sie die Aussicht auf ein luxuriöses, aber langweiliges Leben auf und kehrt zu Graham auf die Bühne zurück.

Zu den Höhepunkten gehörten auf jeden Fall die beiden Gangster aus Wien. Fritz Steinbacher und Karl Walter Sprungala gehörten mit ihrem Wiener Schmäh mit zu den Lieblingen des Publikums. Zudem sangen beide noch den Ohrwurm „Schlag nach bei Shakespeare“. Regisseur Duncan hatte eigentlich die Dialoge auf Deutsch sprechen lassen und die Lieder auf Englisch, bis auf dieses. „Kiss me, Kate“ hat noch einen weiteren bekannten Ohrwurm: „Wunderbar“. Dieser Walzer ist ein kleiner Seitenhieb von Porter auf die deutschsprachigen Operetten und ihre „Ich bin dein, du bist mein“-Lyrik. Ein großes Lob hat sich auch Nedime Ince verdient, die eine freche Lois Lane spielte. Ihr „Always true to you (in my fashion)“ war einer der Höhepunkte des Abends.

Für die Bühne und die Kostüme war Francis O’Conner zuständig. Er hatte die schwierige Aufgabe, quasi zwei Stücke auszustatten. Während die Rahmenhandlung in einem 40er Jahre Look gehalten war und meist einen Hinterhof in Baltimore zeigte, spielte die „widerspenstige Zähmung“ stilecht in einem Italien der Renaissance mit passenden Kostümen.

Von Wagner zu Porter: ein großer Sprung in der Musik, aber die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster schafften auch diesen Spagat mit Leichtigkeit.

Die Oper Dortmund entwickelt sich zu einem exzellenten Musicalstandort, was durch die Qualität der Produktion wie „Roxy und ihr Wunderteam“, „Jesus Christ Superstar“ und aktuell „Kiss me, Kate“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird.

Weitere Termine: Do, 01. Oktober 2015, So, 04. Oktober 2015, Fr, 09. Oktober 2015, Sa, 17. Oktober 2015, Fr, 23. Oktober 2015, So, 25. Oktober 2015, Fr, 30. Oktober 2015, So, 01. November 2015, Sa, 14. November 2015, Sa, 21. November 2015, Mi, 02. Dezember 2015, Sa, 19. Dezember 2015, Do, 31. Dezember 2015 (2x), Sa, 30. Januar 2016, So, 07. Februar 2016, Sa, 19. März 2016, So, 20. März 2016 und Sa, 26. März 2016.

Mehr Infos unter www.theaterdo.de

Opulente Operetten-Gala

Nachdem die erste Ausgabe der Operetten-Gala in der Dortmunder Oper ein voller Erfolg war, kam schnell die Idee einer Folgeveranstaltung auf. So hieß es am 20.September „Der Himmel hängt voller Geigen“. Mit dabei waren die Dortmunder Philharmoniker, zwei Dirigenten, der Dortmunder Opernchor und neuen Solisten des Dortmunder Ensembles. Durch das Programm führte in gewohnt charmanter Weise Kammersänger Hannes Brock.

Bei der zweiten Auflage der Operetten-Gala fasste man den Begriff der Operette ein wenig weiter. So war ein Lied aus einer spanischen Zarzuela zu hören sowie drei Stücke aus dem amerikanischen Music play bzw. Musical. Präsentiert wurden zwei Lieder aus der kommenden Operette „Roxy und ihr Wunderteam“ von Paul Abraham, die ab 29. November in Dortmund Erstaufführung hat.

Auch wenn im Bühnenbild keine hängenden Geigen zu sehen waren, Julia Amos, Ileana Mateescu, Neuzugang Emily Newton, Tamara Weimerich, Hannes Brock, Gerado Garciacano, Lucian Krasznec, Morgan Moody und Fritz Steinbacher hatten alle gute Laune und Freude am Singen mitgebracht. Moody begeisterte bei den amerikanischen Stücken von Frederick Loewe und Richard Rogers mit seiner warmen Stimme, Lucian Krasznec sang Taschentuch ergreifend das „Wolgalied“ von Lehárs „Zarewitsch“ und Tamara Weimerich brachte mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ von Rudolf Stolz das Publikum zum Schmelzen. Moderator Hannes Brock ließ es sich nicht nehmen und sang außerhalb des Programmes den „Wandergesell“ aus „Der Vetter von Dingsda“.

Am Ende wurde es schwungvoll und in Dortmund wurde die „Berliner Luft“ von Paul Lincke aus „Frau Luna“ gefeiert. Als Zugabe gab es Champagner. In Form des „Champagner-Liedes“ aus der Operette von Johann Strauß „Die Fledermaus“.

Wer die Operetten-Gala verpasst hat, dem bietet sich am 11. Oktober 2014 eine weitere Chance.

Infos und Karten unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Opernkrimi um Liebe und Vorurteile

Osmin (Wen Wei Zhang) ist nicht ganz so gut auf Pedrillo (Fritz Steinbacher) zu sprechen. (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)
Osmin (Wen Wei Zhang) ist nicht ganz so gut auf Pedrillo (Fritz Steinbacher) zu sprechen. (Foto: ©Björn Hickmann / Stage Picture)

Bei der Auswahl des Opernrepertoires müssen sich Intendanten auch öfter die Frage stellen, was die Stücke mit der heutigen Lebensrealität zu tun haben könnten. Mit seiner Inszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ bewies Herzog einmal mehr gutes Gespür: Er verlegte die Handlung in den Dortmunder Norden. Ars tremonia war bei der Premiere im Opernhaus am 17. Mai 2014 dabei.

Das Bühnenbild schien direkt aus der Nordstadt importiert worden zu sein. Sehr detailgenau war ein Hinterhof mit mehrgeschossigen Wohnungen mit Balkonen, Türen mit Klingelknöpfen, Sitzgelegenheiten davor und Fahrrädern an der Seite zu erkennen. Die Vorderfront bot in der ersten Etage einen Einblick in ein türkisches Firmenbüro, im Erdgeschoss befand sich eine Art Imbiss. Für einen lebendigen und authentischen Eindruck sorgten dabei Statisten aus der türkischen Community.

Die Inszenierung transformiert Mozarts „Entführung“ bewusst in unsere Gegenwart. Die Sängerinnen, Sänger und Schauspieler trugen demzufolge auch zeitgenössische Kleidung.

Bassa Selim, die einzige Sprechrolle im Singspiel, ist hier der geachtete Chef einer türkischen Firma. Konstanze arbeitet als eine Angestellte in Selims Büro. Der Türke Osmin, Westeuropäern sehr kritisch eingestellt, ist wiederum der Vorgesetzte von Pedrillo und Blonde, die beide im Imbiss arbeiten. Noch ist es relativ friedlich, bis Konstanzes Liebhaber Belmonte, der Kleidung nach einer höheren Gesellschaftsschicht zugehörig, in Selims „Revier“ nach seiner Freundin sucht.

Gleich zwei Dreiecks-Liebesgeschichten: Selim ist Konstanze verfallen, die ihrerseits aber Belmonte liebt. Osmin liebt Blonde, die aber eigentlich Pedrillo will.

Der etwas blasse und weniger selbstbewusste Belmonte ist sich den Gefühlen und der Treue von Konstanze nicht sicher und sehr eifersüchtig . Konstanz beschwört ihre Liebe zu Belmonte, zugleich ist jedoch vom Werben und den Verstand Selims angetan. Auf geistiger Ebene steht ihr Selim näher, die stärkeren Gefühle gehören Belmonte. Blonde ist von Osman nicht begeistert, es macht ihr aber Spaß, mit ihm zu spielen, denn sie will Pedrillo nicht zu sehr in Sicherheit wiegen.

In dieser für die Beteiligten unsicheren Situation brechen alte Ressentiments und Vorurteile auf. Eine geplante Entführung der beiden Frauen durch Pedrillo und Belmonte geht schief und die Situation eskaliert. Der enttäuschte Bassa Selim ringt sich zu einem Gnadenakt durch und unterdrückt die Rachelust….

Der Kabarettist, Schauspieler, Musiker und Autor Serdar Somuncu spielte den Bassa Selim in seine verschiedenen Facetten stark: Als geachteten, selbstbewusst herrschenden, geistreichen Chef einer türkischen Firma, aber auch als enttäuschten und traurigen „einsamen Wolf“, der Großmut zeigt, aber letztendlich zerbricht.

Eleonre Marguerre bewies wieder einmal ihr gesangliches Können bei Mozarts schwierigen , halsbrecherischen Koloraturen. Darüber hinaus verstand sie es wie auch ihre Kollegin Tamara Weimerich als Blonde, den vielen unterschiedlichen Emotionen Ausdruck zu verleihen.

Gut bei Stimme waren auch Fritz Steinbacher als Pedrillo, Lucian Krasznec als Belmonte und Wen Wei Zhang als Osmin. Vor allem Pedrillo und Osmin mussten vollen Körpereinsatz zeigen, hatten aber auch wie bei ihrem gemeinsamen Trinkgelage komische Momente.

Der Opernchor unter der Leitung von Granville Walker war auch diesmal mit ein wichtiger Bestandteil für die Inszenierung. Musikalisch routiniert begleitet wurde die Aufführung von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des „Mozart-erfahrenen“ 1. Kapellmeister Motonori Kobayashi.

Die Inszenierung um Liebe, Vorurteile und Ressentiments gegen fremde Kulturen ist in einer globalisierten, multikulturellen Gesellschaft von heute sicher von Bedeutung. Wir sind darauf angewiesen, miteinander auszukommen und verständnisvoll umzugehen.

Das Publikum zeigte seine Begeisterung für die Aufführung am Ende mit viel Beifall.

Weitere Termine: Fr, 30. Mai 2014, Sa, 07. Juni 2014, Fr, 13. Juni 2014, Fr, 20. Juni 2014, So, 22. Juni 2014 und Fr, 04. Juli 2014

Leicht, luftig, locker, Lehár

Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Bekömmlich wie ein Wiener Kaiserschmarrn präsentierte Regisseur Thomas Enzinger Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ bei der Premiere am 11. Januar 2014. Enzinger baute viele kleine komische Elemente in seine Inszenierung ein, wobei der Höhepunkt der Auftritt von Johanna Schoppa als Gräfin Stasa Kokozow war. Sie brachte mit ihrem Lied „Alles mit Ruhe genießen“ den Opernsaal zum mitsingen. Leicht, luftig, locker, Lehár weiterlesen