Schlagwort-Archive: Dortmunder Ballett

Eine getanzte Midsommernacht

In eine fantastische Welt zwischen Traum und Wirklichkeit tauchten die Premierenbesucher beim Ballett „Ein Mittsommernachtstraum“ im Dortmunder Opernhaus ein. Die deutsche Erstaufführung des spektakulären Stückes von Alexander Ekmann in 2015 uraufgeführt, gewährt aufregende Einblicke in das Werk des schwedischen Starchoreografen.

Bei der Heuernte herrscht ein lebendiges Treiben, rhythmisch wirbeln die Tänzer Heubüschel auf und nieder, schwingen paarweise zusammen, wirbeln das Heu durch die Luft und gleiten dann wieder in gemeinsamen Bewegungen über die Bühne. Ein Paar tanzt vorbei und turtelt ein wenig, alles strahlt Energie und Vorfreude auf die kommende Midsommernacht aus. Große Heuballen werden hereingerollt und dienen als einzelne Bühnen auf denen getanzt wird. Bald steht die eigentliche Feier bevor und aus einem fröhlichen Volksfest entwickelt sich eine ekstatische Nacht in der alle Grenzen verschwimmen. Phantasie und Realität sind miteinander verwoben. Beim intensiven gemeinsamen Gruppenknuddeln aller Tänzer unter dem Midsommerbaum bricht das Publikum in spontanes Gelächter aus. Die Konturen verschwimmen. Tische schweben durch die Luft, große Bäume wachsen aus dem Himmel, fliegende Fische schweben vorbei, ein Liebespaar liebt sich in der Öffentlichkeit direkt an der Festtafel, es wird geschlemmt, getanzt, getrunken und gesungen. Die ganze Nacht ist bestimmt durch extreme Erfahrungen und Grenzüberschreitung. Dennoch liegt über allem eine fröhliche Unbeschwertheit, gepaart mit Anflügen leichter Melancholie. Das erwartbare Ende der Nacht verstärkt die Lust am Übermut.

Das Corps de ballet hatte sichtlich viel Spaß mit dem Heu auf der Bühne. (Foto: © ©Leszek Januszewski)
Das Corps de ballet hatte sichtlich viel Spaß mit dem Heu auf der Bühne. (Foto: © ©Leszek Januszewski)

Sängerin Hannah Tolf wob mit glockenhellem, glasklarem Gesang gemeinsam mit dem Musikensemble, bestehend aus Streichern, Klavier und Percussion einen Klangteppich aus sphärischen Klängen und folkloristischen Variationen. Die Zuschauer wurden durch die sinnliche Musik und die fantastischen Bühnenbilder mit auf eine fantastische Reise genommen.

Bevor Alexander Ekmann 2006 seine Karriere als Tänzer beendete, tanzte er beim schwedischen Königlichen Ballett, beim Cullberg Ballett und beim Nederlands Dans Theater NDT 2. Danach widmete er sich ganz der Choreografie und entwickelte in seinen Werken eine phantasievolle, kreative und eigenständige Ausdrucksweise. Eine kongeniale Verbindung besteht seit einer ersten Zusammenarbeit in 2012 zwischen Ekmann und dem Komponisten Mikael Karlsson, die auch hier beim Midsommernachtraum wunderbar gelungen ist. Das begeisterte Publikum verausgabte sich bei stehenden Ovationen mit lang anhaltendem Applaus. Ein unglaublich inspirierender Ballettabend. Bitte mehr davon.

Die nächsten Vorstellungstermine sind der 27. und 28. Februar, der 08., 20., und 28. März.

Hoffnung auf Erlösung!?

Faust (Marlon Dino) im Banne von Helena (Lucia Lacarra). Foto: ©Bettina Stöß, Stage Picture
Faust (Marlon Dino) im Banne von Helena (Lucia Lacarra). Foto: ©Bettina Stöß, Stage Picture

Nach „Faust I – Gewissen“ hat sich Ballettdirektor Xin Peng Wang als erster Choreograf nun an „Faust II – Erlösung!“ heran getraut. Er tat dies mit einen auffallend klaren Bezug zu unserer aktuellen globalen Realität. Verzweifelte Flüchtlingen, die um ihr Leben kämpfen und oft genug bei ihren gefährlichen Überfahrten elendig ertrinken. Die Bilder sind uns allen vor Augen. Die Fragestellung in Goethes Alterswerk „Faust II“ ist von nicht nur (gerade) heute von aktueller Brisanz. Schafft es der Einfluss des „Bösen“ (etwa Profitgier auf Kosten anderer, Vergnügungssucht), repräsentiert von Mephisto; den Menschen, in diesem Fall Faust, von dem Weg der selbstbewusst-selbstlosen Mitmenschlichkeit für immer fern zu halten?

Faust gelingt dies erst nach einer langen traumhafte Odyssee durch verschiedene Zeitepochen und und einem ernüchternden Liebeserlebnisses mit der schönen Helena. Erst im hohen Alter und kurz vor seinem Tod überwindet Faust seinen Egoismus. Er hat die Vision, den Meer Land für die Besitzlosen Flüchtenden abzutrotzen und einen Deich bauen zu lassen.

Eine der emotionalen Highlights war die Menschwerdung des „Homunculus“ als Symbol der Entfremdung von der Natur. Diese wurde musikalisch live auf der Bühne vom Cello begleitet.

Eine geniale Idee von Wang war allerdings die Zusammenarbeit mit dem renommierten chinesischen Lichtkünstler Li Hui. Seine gezielt und nicht überfrachtend eingesetzten Lichtinstallationen waren beeindruckend und sorgten mehrfach für einen Wow-Effekt.

So wurde für das Publikum zum Beispiel durch Lasereffekt der Eindruck von „realen Wellen“ auf der Bühne vermittelt, in denen flüchtende Menschen um ihr Leben rangen.

Gelungen war die Darstellung der „Walpurgisnacht“ als Mephistos Traum:. Eine Gesellschaft von als Affen verkleideter Tänzer und Tänzerinnen, die in der Glückswarteschleife eine Dauerparty feiert. Ein Festival mit verschiedenen Musikfragmenten und Musikparodien. Musikalisch wurde „Faust II“ live begleitet von der Dortmunder Philharmoniker und geleitet mit viel Feingefühl von Philipp Armbruster.

Das Zusammenspiel von klassischer und moderner Ballettkunst, gelungener Musikauswahl von Hans Abrahamsen, Lois Andriessen, Lucioan Berio, Michael Gordon, David Lang Pēteris Vasks und den Lichtinstallationen von Hui sorgte ein ganz besonderes emotionales Erlebnis für das Publikum.

Die Beteiligten von der Dortmunder Ballett-Compagnie zeigten wieder einmal ihr Können.

Daneben hatte Wang aber auch glänzende international renommierte Solisten wie Lucia Lacarra als Helena (Margrethe), Marlon Dino als Faust, Dann Wilkinson, Giacomo Altovino als Homunculus und das Sonnenkind Denise Chiarioni für seine Faust II – Inszenierung gewinnen können.

Einen berührenden Auftritt hatte Madita Herzog, die symbolisch stand für alle Kinder, die während ihrer Flucht gestorben sind. Wer denkt da nicht an den kleinen Aylan, der tot an den Mittelmeer-Strand angespült wurde. Was bedeuten uns die Werte-Ideale von Goethe? Ist das sogenannte Abendland und ins besondere die privilegierte reiche Oberschicht bereit, den Schutzsuchenden und der ärmeren Bevölkerung Überlebensräume und Lebensperspektive zu schaffen?

Es war ein ganz besonderes Ballett-Erlebnis.

Informationen zu weiteren Terminen und Karten für weitere Aufführungen unter: www.theaterdo.de

Gelungene Premiere für das NRW Juniorballett

Wieder einmal bewies Ballettdirektor Xin Peng Wang und sein Team ein gutes Händchen bei der Auswahl der Künstler für die 20. Ballettgala am 27. und 28. September. Der Schwerpunkt lag diesmal beim zeitgenössischen Tanz. Die Fans des klassischen Balletts wurden dabei aber nicht vergessen. Die Highlights waren sicher Steven McRae und sein fabelhafter, in Dortmund uraufgeführter Stepptanz, der ausdrucksstarke Daniel Proietto und Eric Gauthier mit seinen witzigen Einfällen. Gewohnt charmant und humorvoll führte Kammersänger Hannes Brock durch den Abend.

Für die Freunde klassischen Balletts gab es drei Pas de deux zu erleben. Mathilde Froustey und Davit Karapetyan vom San Francisco Ballet tanzten den pas de deux aus „Giselle“, Iana Salenko und Steven McRae den „Schwarzen Schwan“, während Yanel Piñera und Camilo Ramos vom National Ballet of Cuba das pas de deux aus „Le Corsaire“ tanzten.

Als „alter Bekannter“ konnte Steven McRae zur Freude des Publikums wieder einmal bei einer internationalen Ballettgala in Dortmund sein großes können unter Beweis stellen.

Er zeigte sich in seinem Solostück „Czardas“ als steppender Czardasfürst einmit höchster technischer Perfektion. Die Zwillinge Jiři und Otto Bubeniček präsentierten ihr berühmtes Stück „Les Indomptes“. Und unbezähmbar (so der Titel übersetzt) war auch ihre Darbietung. Eine Mischung aus perfekter Synchronizität und Körperbeherrschung.

Für Fans von Borussia Dortmund hatte Tänzer Eric Gauthier ein kleines Trostpflaster parat. Sein „Freistoß“, der er zusammen mit seiner Compagnie „Gauthier Dance“ aufführte, stellte eine Freistoßsituation zwischen dem BVB und Bayern München dar. Da Gauthier BVB-Fan ist, brauche ich wohl nicht zu schrieben, wie das Stück ausgeht. Schon bei dem erste Stück der Compagnie (Gauthier Dance) „Sofa“ brillierten er zusammen mit Garazi Perez Oloriz und Florian Lochner nicht nur durch technische Finesse, sondern auch mit feinem Humor.

Stand für die Freunde des klassischen Balletts die Sprungkraft und die Anmut im Vordergrund, sind beim zeitgenössischen Tanz Ausdrucksfähigkeiten besonders wichtig. Im zweiten Programmpunkt zeigte Yanelis Brooks mit „Woman“ nach Motiven von Virginia Woolf ihre Körperbeherrschung. Ihr gleich tat es Daniel Proietto in „Sinnerman“, der im Glitzeranzug durch das Spiel mit den Farben seinem Tanz eine weitere Ebene hinzufügte. Im Duett mit Brooks zeigte sich Proietto bei „…and Carolyn“, einer dramatischen und anrührenden Choreografie von Alan Lucien Øyen.

Iana Salenko zeigte bei „If…“ ihr Können ebenso wie Mathilde Froustey und Davit Karapetyan bein „The Fifth Season“ von Helgi Thómasson.

Es gab natürlich auch Dortmunder Beteiligung. Das Dortmunder Ballett eröffnete traditionsgemäß die Ballettgala mit einer Gruppennummer, dieses Mal mit dem Walzer aus Schwanensee. Nach der Pause gab es einen Vorblick auf ein neues Stück, was das Dortmunder Ballett bei den Gluck-Festspielen in Fürth präsentiert hat: Orpheus. Den Ausschnitt „Three demons“ mit der Musik aus Mudan Ting aus dem 15. Jahrhundert führte die Besucher in eine fremde Welt.

Neu dabei ist das NRW Juniorballett, das ihren Standort in Dortmund hat, die jungen Künstler zeigten bei einem Ausschnitt aus „Krieg und Frieden“ sowie der Uraufführung „A full half turn“ ihr Können und Potential.