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Reminiszenz an das Original Jürgen von Manger

Am Sonntag, dem 29.09.2019 wurden im Dortmunder Theater im Depot mit einem Tegtmeier-Abend unter dem Motto „Dat is vielleicht ein Dingen“ (Idee von Schauspieler Carsten Bülow & Sven Söhnchen), viele Erinnerungen an den vor 25 Jahren verstorbenen Schauspieler, Kabarettisten und Komiker Jürgen von Manger (*6. März 1923 in Ehrenbreitstein, gestorben 15. März 1994 in Herne) wach gerufen. Neben Bülow war die Nichte von Jürgen von Manger, Monika von Manger mit von der Partie.

Die in den 1960iger Jahren beliebt gewordene Kultfigur des Ruhrgebiets-Kleinbürgers Kumpel „Adolf Tegtmeier“ (von Jürgen von Manger kreiert) , machte den vielseitigen Schauspieler über Bühnenauftritte, Fernsehen, Radio und Schallplatten in weiten Kreisen bekannt. Uwe Lyko („Herbert Knebel“), Didi Hallervorden und viele andere sind von ihm beeinflusst. Mit seinem bewusst abgebrochenen Sätzen, speziellen Gedankengänge und der eingebauten gehobene „Popanz-Sprache“ machten die Besonderheit der Figur aus Seine Kappe reichte als Wiedererkennung, und ansonsten arbeitete von Manger viel mit Gestik und Mimik.

Den großen Applaus vom Publikum verdienten sich Carsten Bülow und Monika von Manger bei ihrer Hommage an Jürgen von Manger alias Adolf Tegtmeier.

Den Duktus von Tegtmeier hatte Carsten Bülow sehr gut drauf, obwohl der eher schlaksige Schauspieler äußerlich sonst eher weniger Ähnlichkeit mit Tegtmeier hat. Eine ganz persönliche Note bekam der Abend durch die Beteiligte Monika von Manger. Sie verriet im Gespräch mit Bülow kleine privaten Geschichten von ihrem berühmten Onkel. So erfuhr das Publikum etwa, dass dieser mittlere von drei Brüdern „Jü“ genannt wurde. Sein Lebensweg wurde mit eingeblendeten Fotos dokumentiert, und auch die halbseitige Gesichtslähmung, seine Werbetätigkeit etwa für die Sparkasse, und der Schlaganfall (1985) wurden angesprochen.

Monika von Manger fungiert als Schirmherrin des jährlichen Wettbewerbs „Tegtmeiers Erben“ in Herne. Als Überraschung spielte sie an diesem Abend noch in dem Sketch „Der gestohlene Schlüssel“ als die bestohlene Staatsanwältin mit.

Im Fernsehen war von Manger mit der Reihe „Tegtmeiers Reisen“ (1972–1980) erfolgreich. Mit Ironie Witz und Hintergrundinformation unterhielt (auch mit Co-Moderator Professor Tegtmeier)

Das Publikum konnte mit Carsten Bülow als Adolf Tegtmeier die Tücken und besonderen Erlebnisse einer „Mallorca-Reise“ von Tegtmeier mit seinem Arbeitskollegen miterleben.

Jürgen von Manger war neben seinen Schauspielerfahrung in Bochum oder Gelsenkirchen auch an der deutschen Oper am Rhein als „Frosch“ in der Operette „Die Fledermaus“ tätig.

In den Jahren 1981 bis 1983 gab es 14 Folgen von „Tegtmeier klärt auf“ mit „Enkelin Roswitha“.

Auf das Ruhrgebiet zugeschnitten, dem er bis zu seinem Lebensende treu verbunden blieb, textete er bekannte Schlager um. So sorgte Bülow auch gesanglich mit „Dat bisken Frühschicht (1978)“, frei nach „Da bisschen Haushalt „ (Johanna von Koczian), „Bottroper Bier“ nach „Griechischer Wein (Udo Jürgens) oder mit der Ruhrpott-Persiflage auf „Die kleine Kneipe“ (Peter Alexander).

Beeindruckend, wie lebendig Carsten Bülow das Publikum mit der recht langen „Rede an den Gesangverein Lyra 07 (Schönheit ist heilbar)“ unterhielt.

Ein unterhaltsamer Abend mit einem liebevollen Blick voller Respekt auf dieses Original.

Wer den Tegtmeier-Abend live erleben möchte, hat am 20.10.2019 um 20:00 Uhr im Theater im Depot (Immermannstr. 29, 44147 Dortmund) noch Gelegenheit dazu.

Reservierungen: 0231/ 9822336

ticket@theaterimdepot.de

Wenn Gott Platten sammelt

Soso, Gott liebt Country-Musik. Zumindest der Gott aus „Blasphemie eines Irren“ von Franz Werfel, dargeboten von Carsten Bülow unter der Regie von Stefan Schroeder im Foyer des Theaters im Depot am 03. Oktober 2014. Gottes Lieblingscountrymusik ist Deutschsprachig. Genauer gesagt Musik von Truck Stop. Cowboy-Romantik und Trucker-Idylle an Autobahnraststätten mit Namen wie „Illertal Ost“ oder „Pratteln“.

Schroeder und Bülow mischen Werfels Text mit seinem Duktus von 1914 mit Diskussionen über Musik und Plattensammlung. Im ersten Teil, der verhältnismäßig lang ist, versucht der Gastgeber seine Besucher davon zu überzeugen, dass er Gott sei. „Ich bitte Sie inständig“, kann Gott nur sagen, denn Wunder gehen leider nicht, denn schließlich sind die Naturgesetze eine Art Polizei. Schließlich versucht er die Besucher zu überzeugen mit dem Argument: „Das Bekenntnis zu meinen Fehlern als Beweis zu nehmen, dass ich Gott bin“.

Wie erwähnt liebt Gott Musik. Er nennt sich Musiker, aber ohne selbst Musik zu komponieren oder zu spielen, „Ich bin Musiker auf eigene Art“. Dennoch hat er eine vollständige Sammlung sämtlicher Musikinstrumente“. Einen anderen Sammelfimmel hat unser Gott für Schallplatten. Er sammle nur Originalplatten und die am besten in der Ausführung „mint“.

Und wo bleibt die Blasphemie? Die kam ein wenig im zweiten Teil auf. „Ich hasse die Gerechten und liebe die Sünder“, ruft Gott aus und trinkt dazu einen oder mehrere Pharisäer. Hui, dass ist aber vielleicht für Menschen aus dem Jahre 1914 verstörend, heute gehört dieser Satz vermutlich zu den Standartsätzen moderner Theologen.

Blasphemisch waren vielleicht die Aussagen, Gott habe Vorgänger, Gott existiere von Kreuzestod zu Kreuzestod und das er Vorgesetzte habe, die wiederum Vorgesetzte habe usw. usw.

Werfels Text, 1914 kurz vor Ausbruch der großen Weltkatastrophe geschrieben, wirkt 2014 in seiner Sprache etwas altertümlich. Die Kombination mit modernen Einsprengseln über Musik und Plattensammlung sorgen zwar für etwas Komik, sorgen aber für Brüche in der Sprache.

Letztlich sorgt allein Bülow durch sein Schauspiel dafür, dass das Stück nicht in Belanglosigkeit zerfällt. Er spielt den Gastgeber, also Gott, mit außerordentlicher Langmütigkeit, schafft es durch gezielte Pausen, dass der Fokus weiter auf ihn gerichtet bleibt und ging auch ab und an durch die Reihen und sprach das Publikum direkt an.

Zu erleben ist das Ein-Personen-Stück noch am 06. November 2014 um 20 Uhr.

Ein Gott ohne Talent zum Singen

An einem ungewöhnlichen Ort wird das Stück „Blasphemie eines Irren“ am 03. Oktober und 06. November (jeweils um 20 Uhr) aufgeführt, nämlich im Foyer des Theaters im Depot. Das Ein-Personen-Stück von Franz Werfel wird von Schauspieler Carsten Bülow unter der Regie von Stefan Schroeder aufgeführt.

In dem Stück geht es um einen Mann, der offensichtlich an einem besonderen Ort lebt und sich für Gott hält, beziehungsweise die Besucher von dieser Tatsache überzeugen will. In dieser Rolle sieht sich Gott mit den Resultaten seiner Schöpfung konfrontiert und er not amused. „Es ist dumm gelaufen, wie er es erschaffen hat“, beschreibt Bülow die Stimmung Gottes. Jetzt wäre normalerweise der Punkt, das Theodizee-Problem anzusprechen, nach dem Motto Gott ist allmächtig, warum ist die Welt nicht perfekt. Doch in Werfels Geschichte ist Gott nicht allmächtig, sondern langmütig. „Verlangen sie von mir keine Wunder“, sagte er Erzähler einmal.

Bei all dem Frust über seine missratene Schöpfung, findet Gott Trost in der Musik. Aber auch hier warten die Einschränkungen. Er kann sehr schlecht singen. „Ich bin so wenig begabt“, gibt sich Gott doch sehr bescheiden. Ob das stimmt? Jeweils 40 Besucher haben die Chance, das herauszufinden.

Die Idee mit Musik zu arbeiten fügt etwas Neues an den Text von Werfel, der aus dem Jahre 1914 stammt. Die Verantwortungslosigkeit des Fin-de-siècle steht im Mittelpunkt. Hat der Text 100 Jahre später etwas an seiner Aktualität eingebüßt?