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Elbe, Flut und Jugendwerkhof

Das Tanztheater „Ossimisten Wessimisten“, das am 02. und 03. Mai im Theater im Depot zu Gast war, erzählte die Geschichte von Torgau. Im ersten Teil stand die Flut im Mittelpunkt, der zweite Teil spülte einen dunklen Punkt in der Stadtgeschichte nach oben: Der geschlossene Jugendwerkhof, in dem im Laufe der Jahre über 4.000 Jugendliche viele Misshandlungen über sich ergehen lassen mussten.

Das Stück „Ossimisten Wessimisten“ ist eine Koproduktion der Kölner Tanzgruppe bodytalk mit den Landesbühnen Sachen. Die Choreografie stammt von Yoshiko Waki, Autor Rolf Baumgart sowie Sänger und Liedermacher Stephan Krawczyk waren für Texte und Lieder zuständig.

Elbe und Hochwasser? Klar, das zwei Dinge auf der Bühne nicht fehlen durften: Wasser und Sandsäcke. Durch den übermäßigen Gebrauch von Mineralwasser erzeugten die Tänzerinnen und Tänzer einen glitschigen Film, auf dem sie ausgelassen herumtobten. Später wurden auch einige Zuschauer überredet, um als Helfer Sandsäcke hin und her zu bewegen. Sehr positiv: In „Ossimisten Wessimisten“ ging es nicht um den Gegensatz zwischen „Wessis“ und „Ossis“, im ersten Teil wurde die verbindende Kraft des gemeinsamen Helfens deutlich vor Augen geführt.

Im Prinzip war das Stück eine Art gesungene und getanzte Stadtgeschichte. Im ersten Teil feucht und fröhlich, nach der Pause ernst und bedrückend. Denn dann wurde die Geschichte des geschlossenen Jugendwerkhofes erzählt. Die dargestellten Szenen von Demütigungen, sexuellen Übergriffen und Gewalt waren sehr klar und machten deutlich, welche Qualen die echten Opfer zu durchleiden hatten. Krawczyk bat mit Melanie Eggert eine Zeitzeugin auf die Bühne, die von ihren eigenen Erfahrungen im Jugendwerkhof berichtete. Eggerts Bericht war sehr emotional, wirkte aber ein wenig wie ein Fremdkörper, denn er hatte den Nachteil, dass der Fluss des Stückes unterbrochen wurde. Kurz danach ging es weiter und das Thema Jugendwerkhof verschwand wieder wie ein kurzer Regenschauer an einem Sommertag.

Insgesamt bot der Abend mit „Ossimisten Wessimisten“ hohe tänzerische Qualität, ein kleines Privatkonzert von Krawczyk in der Pause, rockige Musik, die live gespielt wurde, und einen Einblick in ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte.