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Die Tragik des Wilhelm Tell

Zum Rütlischwur vereint: (v.l.n.r.) Thorsten Schmidt, Talisa Lara, Philip Pelzer, Bettina Zobel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Zum Rütlischwur vereint: (v.l.n.r.) Thorsten Schmidt, Talisa Lara, Philip Pelzer, Bettina Zobel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ hatte ein umfangreiches historisches Schauspiel unter der Regie von Johanna Weißert am 26.02.2016 Premiere im Kinder und Jugendtheater in Dortmund.Sie nahm die Herausforderung an, dieses zeitlose Drama um den Freiheit und Selbstbestimmung auch für Jugendliche verständlich und unterhaltsam auf die Bühne zu bringen.

Den Hintergrund dieses Stückes bildet der Unabhängigkeitskampf der Schweizer Urkantone Schwyz, Uri und Unterwalden, die unter der brutalen Besatzungsmacht der Habsburger zu leiden haben. Der Freiheit- und Naturliebende Wilhelm Tell hilft mutig Verfolgten, wo er kann. An einem Aufstand gegen die Besatzer will der zunächst auf Geduld setzende Tell sich nicht beteiligen. Der Eidesschwur der Vertreter der drei Kantone auf der Rütliwiese am Vierwaldstädter See findet so ohne ihn statt.

Als Tell sich weigert, sich zu erniedrigen und dem Hut des Reichsvogtes Gessler die Ehre zu erweisen, zwingt Gessler ihn, mit einem Armbrustschuss den Apfel auf dem Kopf seines eigenen Sohnes zu treffen, um beider Leben zu retten. Er schießt letztendlich und trifft. Jedoch muss er danach gestehen, das er mit einem zweiten Pfeil Gessler ins Herz geschossen hätte, wenn sein Sohn beim ersten Schuss gestorben wäre. Er kommt, entgegen dem Versprechen des Reichsvogtes, in Haft . Erst bei einer Fahrt über den See kann er fliehen. Er kann sich nicht mehr aus dem politischen Geschehen heraus halten.

Das Bühnenbild und die Kostüme von Ulrich Leitner waren zum großen Teil naturalistisch gehalten. Gewaltige Holzstämme bestimmten das Bühnenbild. Die Kleidung der Landbevölkerung war einfach, gleichförmig und volkstümlich gehalten. Reichsvogt Gessler trug eine Militäruniform, die Besatzer trugen Uniformen, die an den Ersten Weltkrieg erinnerten. Die beiden jungen Personen im Stück, Rudenz und Berta von Bruneck, trugen dagegen bunte und modernere Kleidung. So waren die unterschiedlichen Welten auch äußerlich klar voneinander zu unterscheiden.

Im Gegensatz zum naturalistischen Bühnenbild wirkten die aus dem Baumarkt zusammengestellten Alpenhörner mit Schlauchaufsatz wie ein ironischer Bruch.

Die Akustischen und Licht-Effekte bildeten einen gelungenen atmosphärischen Hintergrund. Sturm, Regen, Gewitter, alles wurde für das Publikum erlebbar. Der Einsatz von Kuhglocken passte in das naturalistische Bild.

Der Musikeinsatz von Peter Kirschke war hauptsächlich rhythmisch–akustischer Natur . Nur einmal war die Schweizer Nationalhymne als Symbol der nationalen Einheit zu vernehmen.

Außer Rainer Kleinespel als Wilhelm Tell hatten die fünf anderen Schauspieler/innen gleich mehrere Rollen, sogar als Schaf oder Kuh, zu bewältigen. Sie taten dies mit mit Humor und schau-spielerischem Einfühlungsvermögen.

Rainer Kleinespel überzeugte als freiheitsliebender Tell, dem seine Familie über alles geht. Man sieht ihm die Verzweiflung an, zu einer Gewalttat getrieben worden zu sein.

Andreas Ksienzyk spielte den Reichsvogt in all seiner Arroganz und Grausamkeit, dem es nur darauf ankommt, den freien Willen zu brechen. Bettina Zobel zeigte ebenso wie Philip Pelzer ihre Vielseitigkeit in den Unterschiedlichen Rollen.

Erfrischend in ihrem Spiel waren die jungen Darsteller Talisa Lara und Thorsten Schmidt als Liebespaar. Schmidt als der junge Rudenz mit Verachtung für das festgefahrene Leben auf dem Land und mit Sympathie für das „modernere“ Stadtleben. Erst die Liebe zu Berta von Bruneck bringt einen Sinneswandel bei ihm.

Als Quintessenz wird über dem Stück könnte J.J. Rousseaus Spruch stehen: Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.

Weitere Termine und Informationen unter www.theaterdo.de

Tradition trifft Moderne

Noch ist das Gespenst Sir Simon (Rainer Kleinespel) guter Dinge. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Noch ist das Gespenst Sir Simon (Rainer Kleinespel) guter Dinge. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Wie jedes Jahr gastiert das Ensemble des Kinder-und Jugendtheaters auch 2015 mit einem Weihnachtsmärchen für die ganze Familie im Schauspiel Dortmund. Diesmal hat sich der Leiter des KJT, Andreas Gruhn, das „Gespenst von Canterville“ nach einer Erzählung von Oscar Wilde (1856 -1900) vorgenommen und bearbeitet. Am 26.11.2015 war die Premiere im Schauspielhaus.

Zur Geschichte: In den 60iger Jahren kauft der New Yorker Geschäftsmann Hiram Otis das englische Schloss Canterville. Als er dort mit seiner Frau Lucretia (Lucy) Otis, seinen jugendlichen Söhnen Washington und Buddy sowie der elfjährigen Virginia ankommt, erwartet sie die Verwalterin Mrs. Umney und warnt vor dem Geist von Sir Simon von Canterville, der dort nach seinem Tod vor 350 Jahren sein Unwesen treibt. Doch die rationalen, von der Fortschrittlichkeit ihrer Nation und materialistisch denkenden Amerikaner reagieren anders als erwartet. Ohne Angst bieten sie dem Geist die „Errungenschaften der neuen Zeit“ an, um zum Beispiel seine quietschenden Ketten mit einem speziellen Öl zu schmieren. Die Söhne attackieren ihn mit Wasserpistolen.

Mr. Otis plant, das alte Schloss und das Gespenst in einer Art „Disneyland“ zu verwandeln und zu vermarkten. Das Gespenst, versteht nicht, warum diese Menschen keine Angst vor ihm haben.

Nur die elfjährige Virginia begegnet ihm mit Empathie und kindlicher Offenheit. Ihr verrät er seinen sehnlichen Wunsch, nur zu „schlafen“ und in den „Garten des Todes“ hinüber zu gehen. Das kann er aber nur mit Hilfe des Mädchens…

Die Bühnenausstattung von Oliver Kostecka bot all das, wie sich viele Zuschauer/innen ein altes englisches Schloss vorstellen. Kronleuchter, dunkle Fassaden, alte Wendeltreppe, eine Ritterrüstung und einen ausgestopften Eisbären mit um Mitternacht rot funkelnden Augen. An der linken Seite eine schwarze Truhe. Nebel und Donnereffekte sorgten für eine schaurige Atmosphäre.

Mrs. Omney war bieder hochgeschlossen angezogen, während die Familie Otis in bunten Outfit der 60iger Jahre auftrat. Lustige Idee, dass alle in den gleichen leuchtend blauen Pyjama mit Aufdrucken auf die Bühne kamen.

Das Gespenst war weiß geschminkt und trug Halskrause und Pluderhosen aus der Renaissance-Zeit.

Es erinnerte ein wenig an den Poltergeist „Beetlejuice“ (Betelgeuse) aus dem gleichnamigen Film (1988) mit einer ähnlichen Thematik.

Wie bei einem Musical gab es eine Mischung aus Musik (Songs: unter anderem Swing, Rock und aus der Renaissance), Tanz und Schauspiel mit Slapstikelementen.

Im Stück prallen zwei Welten aufeinander. Die britisch-konservative, mit einer fast paranoiden Panik vor übernatürlichen Phänomene und dem materialistischen, rationalen Fortschrittsglaubens des amerikanischen Kapitalismus der 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Oscar Wilde hat beides in seiner Erzählung ironisch Charakterisiert.

Die Schauspieler brachten die verschiedenen Typen sehr plastisch und gelungen auf die Bühne.

Bettina Zobel als spröde Mrs. Umney, die bei der kleinsten Störung in Ohnmacht fällt, aber dann kurz „auftaut“ und ein flottes Tänzchen mit Mr. Otis und den anderen auf der Bühne wagt. Joeri Burger (bekannt aus einem früheren Weihnachtsmärchen als „Pinocchio“) steuerte für das Stück einige schöne Choreographien bei. Johanna Weißert und Andreas Ksienzyk als Mr. Und Mrs. Otis spielen die fortschrittsgläubigen, geschäftstüchtigen Amerikaner mit großer Lust und Engagement. Mit Akribie preisen sie die Produkte der neuen Welt wie Fleckenentferner,Tropfen gegen Verdauungsprobleme oder gar Coca-Cola bei Ohnmacht an.

Die beiden Söhne Washington (Thosten Schmidt) und Buddy (Philip Pelzer) sind typische „New Yorker Boys“ ihrer Zeit. Sie spielen gerne Rockabilly-Musik und lieben die Annehmlichkeiten ihrer Zeit. Talisa Lara spielte die die Tochter Virginia, die mit ihren elf Jahren noch ein Kind ist und als einzige sensibel, offen und ohne Vorbehalte auf das Gespenst zugeht und ihm hilft. In der Sorge um ihr Kind, überdenken die Eltern ihre Pläne schließlich noch einmal. Talisa Lara meisterte die schwierige Aufgabe, eine Elfjährige zu spielen mit viel Einfühlungsvermögen.

Rainer Kleinespel spielt das Gespenst von Canterville in all seinen komischen und tragischen Facetten.

Ob das Stück für kleine Kinder zu gruselig ist? Ich denke nicht, denn Kleinespel bringt trotz unheimlicher Montur immer ein gewisses Augenzwinkern mit, selbst beim fürchterlichsten Kettenrasseln. Wer hat eigentlich Angst vor wem? Schnell bekommen die Zuschauer Mitleid mit Sir Simon, denn er will eigentlich nur seine Ruhe.

Fazit: Ein Besuch auf Schloss Canterville lohnt sich auf jeden Fall.

Karten und weitere Infos  unter www.theaterdo.de

 

Zwischen Zweifel und Glauben

Talisa Lara, Laura, Rainer Kleinespel, Thorsten Strunk und Andreas Ksienzyk ©Hans Jürgen Landes
Talisa Lara, Laura, Rainer Kleinespel, Thorsten Strunk und Andreas Ksienzyk
©Hans Jürgen Landes

Was hat die Kommunion in unserer heutigen Zeit für eine Bedeutung? Ist der kritische Zweifel im Gegensatz zu früher abseits der Freude über die Geschenke festlicher Kleidung bei den Kindern größer? Autor Jörg Menke-Peitzmeyer hat unter anderem schon mit „Miriam, ganz in Schwarz“ im Kinder – und Jugendtheater oder den „Fangesängen“ in der Oper Dortmund von sich reden gemacht.

Unter der Regie von Antje Siebers hatte er nun am 25. September 2015 mit seinem neuen Stück „Kommunionkinder“(ab 9 Jahren) im KJT Premiere.

Zum Stück: Die zehnjährige Laura ist ganz aufgeregt vor ihrer bevorstehenden Erstkommunion. Besonders freut sie sich auf das zu erwartende Handy-Geschenk und ihr selbst ausgesuchtes Kleid. Sie lebt alleine mit ihrer Mutter, die ihr Geld als Krankenschwester verdient. Ihre drei Onkel Gabriel, Jochen und Dirk besuchen sie eine Woche vor dem Ereignis. Gabriel vertritt als Priester und Repräsentant der katholischen Kirche derer Dogmen, während Dirk eher glaubenskritische Haltung einnimmt. Dazwischen steht der lebensfrohe Jochen, der versucht, die Vermittlerrolle einzunehmen. Die drei sinnieren über ihre Kindheit und Kommunion in den 80iger Jahren.

Laura freut sich auf die Kommunion und will die Zeremonie schon einmal mit ihren Onkeln durchspielen und schon mal ihr Kommunionkleid anprobieren. Sie hat alles über den Messablauf und Jesus Leben auswendig gelernt. Doch kommen ihr manchmal Zweifel und sie hat kritische Fragen….

Talisa Lara (Laura), Andreas Ksienzyk (Gabriel), Rainer Kleinespel (Dirk) und Gastschauspieler Thorsten Strunk (Jochen) füllen ihre Rollen mit viel Humor, Ironie und Sensibilität für ihre Charaktere aus. Sie scheuen auch keine kleinen Tanzeinlagen und Gesang von Kirchenliedern.

Besonders die junge Tasia Lara beeindruckte in ihrer Rolle als lebendige und von Zweifeln geplagte Zehnjährige. Ein humorvoller Höhepunkt war sicher eine an die legendäre „Hitparade“ angelehnte, bis ins Kleinste zelebrierte „Hitparade der Kirchenlieder“.

Ein zentraler Satz des Stückes kam von Dirk. Als Laura die Frage „Was bedeutet Kommunion“ richtig beantwortet, zeigt er sich beeindruckt. Darauf erwidert Gabriel bissig: „Ja, Kommunionkinder sind eben nicht so blöd, wie du sie gerne hättest.“ „Sie sind nicht blöd, sie sind bloß jung.“, antwortet Dirk. Im Alter von 9-10 Jahren ist Jahren ist es sicherlich schwer, eine Entscheidung für eine Religionsgemeinschaft bewusst und frei zu treffen.

Die Bühne war war in schlichten Weiß gehalten und bot den Schauspielern Gelegenheit, nah an das Publikum heran zu kommen. Die weiße Wand im Hintergrund mit eingelassener Tür diente als Projektionsfläche. Ob nun für ein lustiges stilisiertes Kinderzimmer, als Hintergrund für ein Bibelquiz in Anlehnung an „Wer wird Millionär“ („Wer wird Kommunionkind“) oder wenn in Bildern gezeigt wurde, was für eine „Modeshow“ bei den Mädchen, ähnlich bei erwachsenen Bräuten, heutzutage zu sehen ist.

Kritische Fragen zum Ausschluss von Frauen vom Priesteramt, Kindesmissbrauch durch Bischöfe und Priester, die verpflichtende Beichte der „kleinen Sünden“ und weitere wurden angesprochen.

Da war der Song „Kann den Liebe Sünde sein“ mit einem“Höllenfeuer“ im Hintergrund auf der Projektionswand passend ausgewählt.

Die Entscheidung für Glauben an Gott oder eben nicht Glauben sollte letztendlich eine individuelle, höchst persönliche Entscheidung sein.

Weitere Vorstellungen gibt es am 18.10.15 (16 Uhr) und am 08.11.15 (16 Uhr). Für Schulklassen bieten sich die Aufführungen am 21.10.15, 04.11.15 und 05.11.15 jeweils um 11 Uhr an.

Seit wann sind Eltern objektiv?

Er wird doch wohl nicht nach dem Notenzettel schauen? Bianka Lammert, Rainer Kleinespel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Er wird doch wohl nicht nach dem Notenzettel schauen? Bianka Lammert, Rainer Kleinespel und Andreas Ksienzyk. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Willkommen in der Schule. Mittlerweile sind Zeugnisse nicht mehr allein der Schrecken mancher Schüler, sondern auch der Eltern. Vor allem, wenn das wichtige Zeugnis ansteht, das entscheidet, an welche weiterführende Schule das Kind gehen wird. Alles andere als das Gymnasium ist für die Eltern aus dem Stück „Frau Müller muss weg!“ nicht akzeptabel. Daher sind nicht ihre Kinder Schuld an den schlechten Noten, sondern die Klassenlehrerin. Fast parallel zum Kinostart des gleichnamigen Films präsentiert das Kinder- und Jugendtheater die Theaterfassung. Ein Premierenbericht vom 13. Februar 2015.

Wer den Unterschied zwischen Kinofilm und Theater kennenlernen möchte, sollte sich ins Kinder- und Jugendtheater aufmachen. Auch wenn im Schauspielhaus mit Kay Voges sogar eine Mischform zwischen den beiden Genres probiert wird, zeigt die Inszenierung von Intendant Andreas Gruhn, welche Vorteile das Theater gegenüber dem Kino hat und immer haben wird. Die Zuschauer sind hautnah an den Schauspielern, Missgeschicke passieren und können nicht in der nächsten Aufnahme entfernt werden und die Schauspieler bekommen danach den Applaus des Publikums.

Andreas Gruhn versucht aber auch einige „typische“ Filmtricks unterzubringen: So agieren die Schauspieler in wichtigen und entscheidenden Situationen wie in Zeitlupe. Beispielsweise wenn die Tasche von Frau Müller durchsucht wird und die Lehrerin plötzlich in der Tür steht. Dazu erklingt Musik aus bekannten Westernfilmen wie beispielsweise „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Die Geschichte kurz erzählt: Der überwiegende Teil der Eltern der Klasse 4b möchte, dass die Klassenlehrerin Frau Müller ihre Klasse abgibt, weil die Kinder in ihren Noten abgesackt sind und der wichtige Übergang zur weiterführenden Schule bevorsteht. Das Gymnasium ist natürlich Pflicht. Aus der Gruppe haben sich fünf Eltern gefunden, die Frau Müller diese Entscheidung mitteilen wollen. Doch nach und nach bricht auch der Konflikt zwischen den Eltern auf, als sie erkennen, wie sich ihre Kinder in der Klasse verhalten. Beim Blick in die Notentabelle von Frau Müller sehen sie, dass die Lehrerin vorhat, ihren Kindern doch gute Noten zu geben. Jetzt soll sie doch Klassenlehrerin bleiben. Hätten sie mal genauer gelesen.

„Frau Müller muss weg“ erinnert ein ganz klein wenig an Yasmin Rezas „Der Gott des Gemetzels“. Das Stück von Lutz Hübner ist aber deutlich humoriger, vor allem weil die Eltern aus unterschiedlichen Schichten stammen. Aber in beiden Stücken wird das hohe gemeinsame Ziel „Frau Müller muss weg“ langsam aber sicher wegen persönlicher Eitelkeiten geopfert, interne Konflike treten zutage und untereinander sind sich nicht alle grün.

Johanna Weißert spielt die Karrierefrau Jessica Höfel. Passenderweise im Hosenanzug hat sie die Kontrolle über die Elternschaft übernommen und möchte alles „businessmäßig“ über die Bühne bringen. Als das Gespräch mit der Klassenlehrerin auf dem Ufer läuft, erfährt auch sie die Wahrheit: Laura, ihre „coole“ Tochter fälscht Entschuldigungen. Sehr schön, wie Jessica vorher gefällte Entscheidungen ohne mit der Wimper zu zucken umwirft, frei nach dem Politiker-Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“.

Ein anderes Kaliber sind die beiden Jeskows. Sie sind von München hergezogen. Bianca Lammert gefällt in der Rolle der „Zicke“ Marina Jeskow, die wegen ihres Mannes aus München wegziehen musste. Das nimmt sie ihrem Mann übel. Sehr übel. Als dann noch herauskommt, dass ihr „hochbegabter“ Sohn in Wirklichkeit der Klassenkasper ist und von allen anderen Kindern geschnitten wird, wird Marina zur Furie.

Patrick Jeskow (Rainer Kleinespel) ist der Pantoffelheld, der unter der Fuchtel seiner dominanten Frau steht und erst gegen Ende den Mund auf bekommt. „Ich lande nicht bei Hartz IV, nur damit Lucas Fußball spielen kann“, bringt Patrick sein Dilemma auf den Punkt. Kleinespel bringt den arg gebeutelten Charakter sehr gut rüber.

Désirée von Delft spielt die alleinerziehende Mutter Katja Grabowski. Anfänglich scheint sie keine Probleme zu haben, denn ihr Sohn Fritz ist der Klassenbeste. Daher steht sie dem Ansinnen, Frau Müller das Vertrauen zu entziehen, nicht positiv entgegen. „Ich bin nur aus Solidarität dabei“, so Katja. Ihr Problem ist, dass sie keinen Zugang zu ihrem Sohn findet. „Mein eigenes Kind ist mir fremd“; sagt sie in dem Stück. Später kommt heraus, dass Fritz ein ernstes Problem mit Lukas hat. Dass sie das von der Lehrerin nicht mitgeteilt bekommen hat, lässt ihre Sympathien für Frau Müller erkalten.

Hinzu kommt, dass Katja ein Verhältnis mit dem verheirateten und impulsiven Wolf Heider (Andreas Ksienzyk) hat. Heider bringt durch seine direkte Art Feuer in das Gespräch mit der Lehrerin, das danach eskaliert. Da er arbeitslos ist, versucht er seine Tochter Janine möglichst viel Bildung zukommen zu lassen, dass das Mädchen schier erdrückt und in eine sklavische Freundschaft mit Laura bringt.

Bettina Zobel spielt die Rolle der Klassenlehrerin Sabine Müller, die völlig unerwartet mit der Drohung der Absetzung konfrontiert wird. Denn die Eltern waren allesamt nicht in der Lage, vorher ein Gespräch mit der Lehrerin zu suchen. Zobel spielt diese Rolle sehr sanft, zart und zerbrechlich.

Der ernstere Hintergrund des Stückes ist der immer stärker werdende Druck, sein Kind auf das Gymnasium schicken zu müssen. „Ich bin heute Abend angetreten, weil ich Laura auf dem Gymnasium haben will“, erklärt Jessica Höfel klipp und klar. „Ich habe mehr Angst vor dem Zeugnis als Janine“, gibt Wolf Heider zu. Und in dieser Situation können alle Objektivität nicht gebrauchen. Denn „seit wann sind Eltern objektiv?“

Ein Stück mit vielen lustigen Déjà-vus für Lehrer und Eltern. Beispielsweise wenn die Lehrerin voller Stolz auf die Ergebnisse der Projektwoche mit den Kastanienmännchen zeigt und später herauskommt, dass Eltern an dem Werk nicht ganz unbeteiligt waren. Vielleicht wegen der Zielgruppe ein ungewöhnliches Stück für das Kinder- und Jugendtheater, aber ein Besuch lohnt sich.

Die vielen Facetten der Lola Blau

Lola Blau (Désirée von Delft) in Aktion. (Foto: © Martin Bettermann)
Lola Blau (Désirée von Delft) in Aktion. (Foto: © Martin Bettermann)

Im RWE Forum – Kino im Dortmunder U gab es unter der Regie von Isabel Stahl die Premiere für „Lola Blau“- Musical für eine Schauspielerin von dem in Wien 1922 geborenen, und 2011 in Salzburg gestorbenen bekannten Komponisten, Sänger und Dichter Georg Kreisler. Er musste als Sohn einer österreichischen jüdischen Familie 1943 in die USA emigrieren und nahm dort die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Kreisler war ein Multitalent und ist vielen auch als bissiger Kabarettist mit Wortwitz und tiefsinnigen, schwarzen Humor bekannt.

Zum Inhalt von „Lola Bau“: Das Stück erzählt die Lebensgeschichte des politisch naiven, von der Leidenschaft zum Theater besessenen jüdischen jungen Frau Lola Blau. Kurz vor ihrem ersten Engagement am Linzer Landestheater 1938 muss sie nach Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland wie schon ihr Leo über die Schweiz ins Exil nach Amerika gehen. Ihre Jugendliebe Leo wurde nach Dachau deportiert, bevor sie sich in Basel treffen konnten. Sie wird zwar in de USA ein gefeierter Star, verliert aber ihre Illusionen. Als Lola nach Kriegsende nach Wien zurückkehrt, erlebt sie dort die selbe „Verdrängungsmechanismen“, die sie zuvor gelebt hatte. Da meldet sich unverhofft vor einem Auftritt plötzlich der vermisste Leo…

Die Stationen ihres Lebens werden erzählt. Zwanzig Kabarettsongs (Georg Kreisler) zeichnen ihr Leben, sowohl von den komischen, aber natürlich auch den tragischen Seiten.

Auf der Bühne sieht das Publikum zunächst neben einer Reihe von Requisiten aus der damaligen Zeit wie alte Drehscheiben-Telefone, einen alten „Volksempfänger“ und Lampe auch einer Menge Kleidungsstücken und Schuhen auf dem Boden als Hinweis auf die Situation der Juden.

Aus diesem Kleiderwust heraus schälte sich Désirée von Delft. Bekannt als Schauspielerin des Kinder-und Jugendtheaters und zeigte sie sofort eine starke Präsenz neben dem ihr treu zur Seite stehenden Schauspieler und Pianisten Nicolas Krüger. Von Delft zeigte beeindruckend die vielen Facetten der Lola Blau. Die komischen wie aber vor allem auch die melancholischen Seiten brachte von Delft bewegend auf die Bühne. Es wurde ihr auch einiges von der anspruchsvollen Choreografie (Joeri Burger) abverlangt. Es gab auch Stepeinlagen.

Eine solche Persönlichkeit glaubhaft auf die Bühne zu bringen ist eine beachtliche Leistung und zeigt, dass die Schauspielerin sich sehr genau mit der Person „Lola Blau“ auseinandergesetzt hat und wohl genauso „besessen vom Theater“ wie diese ist. Eine Paraderolle für Désirée von Delft, aber auch ein großes Lob für ihren kongenialen Partner!

Auf die Leinwand im Hintergrund wurden zu den jeweiligen Lebensstationen von Lola nostalgische Filmeinspielungen mit alter Kameratechnik eingespielt. So konnten die Zuschauer neben Fotografien von der historischen Lola Blau zum Beispiel Einblicke in das riesige Übersee-Schiff von damals gewinnen oder Bilder vom zerstörten Wien nach Kriegsende. Im Video wirkten Andreas Ksienzyk vom KJT und Günther Lüer als Darsteller mit.

Ein großes Kompliment für die Video/Grafik ( und die viele Arbeit daran) von Christine Köck. Bereichert wurde das Stück zudem mit originalen Radio-Einspielungen aus der Kriegszeit.

Eine gelungene Vorstellung und Reminiszenz an Georg Kreisler und der Lola Blau.

Weitere Vorstellungstermine: 13. und 20. 12.2014 jeweils um 20 Uhr und am 21.12.2014 um 18 Uhr. Kartenvorbestellung unter 1060-845 75 19 oder unter lolablau@gmx.de

Eintrittspreise 18 €, ermäßigt 14 €.

Peters Reise durchs All

Auf der Raumstation von Commander Allister (  Rainer Kleinespel), (v.l.n.r.) Peter (Steffen Happel), der Sumsemann (Andreas Ksienzyk) und Anna (Désirée von Delft).
Auf der Raumstation von Commander Allister ( Rainer Kleinespel) ganz rechts im Bild, (v.l.n.r.) Peter (Steffen Happel), der Sumsemann (Andreas Ksienzyk) und Anna (Désirée von Delft). (Foto: © Birgit Hupfeld)

Da hat Andreas Gruhn, der Intendant des Kinder- und Jugendtheaters aber seine ganze Erinnerungen an Science-Fiction-Filme seiner Jugend in die aktuelle Weihnachtsmärchenproduktion „Peters Reise zum Mond“.gesteckt. Das Märchen von Gerdt von Bassewitz (Peterchens Mondfahrt) wurde durch fast alle Klischees der Space Operas gezogen, so dass Jung und Alt ihre Freude an den Abenteuern von Peter und seiner großen Schwester Anna hatten. Ein Premierenbericht aus den unendlichen Weiten des Schauspielhauses Dortmund.

Die Geschichte von Peters Reise zum Mond in Kürze: Der Sumsemann (ein riesiger Maikäfer) überredet die beiden Kinder Peter und Anna ihm zu helfen, sein sechstes Bein wiederzubekommen, dass ihm der Mondmann abgenommen hat. Nachdem sie kurz lernen, wie man fliegt, machen sie sich auf ins All, um mit Hilfe der Nachtfee den Mondmann zu besiegen.

Die Inszenierung von Andreas Gruhn „Peters Reise zum Mond“ ist sicherlich kein betuliches Weihnachtsmärchen. Genau an dem Tag, an dem zum ersten Mal eine Sonde auf einem Kometen landet, entstaubt Gruhn ein ehrwürdiges Märchen aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Lichtschwertkämpfe, fremdartige Kostüme und seltsame Begrüßungsrituale, selbst das Klischee des einsamen Astronauten auf einem stark reparaturbedürftigen Außenposten hat Gruhn integriert. Kein Sandmännchen und keine Morgenröte treten auf, sondern Figuren wie Lady Merkuria oder Captain Donner.

Besonders viel ist von Star Wars integriert: Götz Vogel von Vogelstein spielt den Mondmann als Darth Vader-Version. Während Bianka Lammert als Nachtfee Prinzessin Amidala optisch nachempfunden wurde. Und wenn man schon Star Wars zitiert dürfen natürlich die Lichtschwertkämpfe nicht fehlen. Und so bekämpfen sich der Mondmann und Captain Donner (Jubril Sulaimon) in einer besonders eindrucksvollen Choreografie.

Aber auch die Raumpatrouille Orion hat Eingang gefunden. Denn der Name des Commanders Allister ist sicherlich inspiriert von Cliff Allister McLane. Damals gespielt von Dietmar Schönherr.

Auch das Bühnenbild versprühte Lust auf eine Reise ins All. Planeten und Kometen sind zu sehen, der Sumsemann, Peter und Anna fliegen einige Meter über den Bühnenboden, das Shuttle von Commander Allister ächzt und quietscht durch den Raum und schafft es gerade noch so ans Ziel. Passend dazu gab es auch noch drei Lieder, für die Michael Kessler verantwortlich war.

Steffen Happel spielt einen Peter, der zunächst nur mit dem Mundwerk mutig ist, sich ein wenig hinter der großen Schwester Anna (Désirée von Delft) versteckt, gegen Ende doch den Mut aufbringt gegen den Mondmann zu kämpfen. Von Delft, mit einem Nudelsieb aus Porzellan auf dem Kopf, spielt eine überzeugende große Schwester. Andreas Ksienzyk als Sumsemann, dem am Ende doch der Mut verliert, verdient großes Lob.

Nach Ausflügen nach Italien, den USA oder nach Russland, ist Gruhn jetzt ins All aufgebrochen. Das Ergebnis ist ein rasanter Ausflug ins Welt mit vielen Effekten für Groß und Klein.

Mehr Infos, Termine und Karten unter www.theaterdo.de oder telefonisch unter 0231 50 27222.

Wenn die Fassade bröckelt

Stellen fest, dass sie die gleichen Probleme haben: Jace (Götz Vogel von Vogelstein) und Leonie (Bianka Lammert). Foto: © Hans Jürgen Landes
Stellen fest, dass sie die gleichen Probleme haben: Jace (Götz Vogel von Vogelstein) und Leonie (Bianka Lammert). Foto: © Hans Jürgen Landes

Am Freitag, den 5. September 2014 war Premiere für „Lügner“, von Dennis Foon, (Übersetzung Anne Fritsch) im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Das Stück beschäftigt sich mit einer ernsten, aus dem gesellschaftlichen Fokus oft verdrängten Thematik: Es geht um den Umgang mit Sucht, in diesem Fall um Alkoholsucht. Im Mittelpunkt stehen die betroffenen Kinder und Jugendlichen, die unter der Alkoholproblematik eines ihrer Elternteile leiden und verzweifelt sind. Sie alle gehen – je nach Charakter – mit der Problematik unterschiedlich um.

„Lügner“ greift exemplarisch am Beispiel von den Jugendlichen Jace und Leonie (Lenny) zwei mögliche Verhaltensmuster auf. Während Jace auf offen und konfrontativ mit der Alkoholsucht seines Vaters umgeht und sich enttäuscht beim Kiffen Gelassenheit sucht, verdrängt Lenny zunächst die Sucht ihrer Mutter. Sie ist bemüht, als „gute Tochter“ den Familienbetrieb in allen Belangen reibungslos am Laufen zu halten und möglichst perfekt zu funktionieren. Dabei bekommt sie auch durch ihren beruflich angespannten Vater Druck, der die „Lügenfassade“ um jeden Preis aufrecht erhalten möchte. Die beiden Jugendlichen mit der gleichen Problematik können offen miteinander sprechen und verlieben sich. Während Jace nach einem heftigen Konflikt mit seinem Vater enttäuscht flüchtet und zum Ende hin wohl ebenso wie sein Vater in die Drogensucht abrutscht, wird sich Lenny immer mehr bewusst, dass sie sich Hilfe von außen holen muss. Sie nimmt die Herausforderung und den harten Weg zu mehr Unabhängigkeit an …

Götz Vogel von Vogelstein spielte den im bekifften Zustand gelassenen, offen konfrontativen Jace glaubhaft und auch mit einer Portion Humor. Äußerlich wie Kurt Cobain, sorgt er in der ernsten, oft wütend machenden Geschichte für einige komische Momente und Gags. Köstlich, wie er zum Beispiel den leergegessenen Brotbehälter zum Schluss noch aus leckt. Man merkt ihm zwischendurch eine versteckte Wut, Enttäuschung und Resignation an.

Bianka Lammert als Lenny als Musterschülerin überzeugte als ein junges Mädchen, dass verzweifelt, weil es allen recht zu machen muss, um das Alkoholproblem ihrer Mutter nicht nach außen dringen kann. Sie bringt auch den Wandel zu einer sich langsamen entwickelnden Bewusstseinsänderung und Verzweiflung bei Lenny auf die Bühne.

Eine Herausforderung besonderer Art für die Schauspieler war wohl die Darstellung der alkoholkranken Elternteile. Mit Bravour meisterten Bettina Zobel als Lennys Mutter und Andreas Ksienzyk als Jace Vater diese schwierige Aufgabe. So stellten sie vor allem das unberechenbare Verhalten Alkoholkranker glaubhaft dar. Mal jammernd und von Selbstmitleid geprägt, mal aggressiv die Kinder beschimpfend. Plastisch standen ihnen „Schutzpuppen“ in (fast) Lebensgröße zur Seite, die beide Schauspieler geschickt einsetzten.

Andreas Ksienzyk bewies seine Wandlungsfähigkeit, indem er auch noch die Rolle des auf seinen guten Ruf bedachten Vaters von Lenny und auch noch den Lehrer überzeugend spielte.

Ein großes Kompliment an Christine Köck, die diese Puppen mit viel Sorgfalt gebaut hat. Die Puppen trugen genau dieselben Kleidungsstücke wie die Schaupieler, nur die Gesichter waren verzerrt dargestellt. Das Bühnenbild mit zwei übergroßen Tischen und Stühlen unterstrichen die verzerrte Wahrnehmung.

Ein dramaturgisch guter, passgenauer Einsatz von musikalischen Einspielungen, rundete das gelungene Gesamtbild der Inszenierung ab. Im Mittelpunkt der Inszenierung von Johanna Weißert stehen deutlich die beiden jungen Menschen.

Hilfe können betroffene Kinder und Jugendliche zum Beispiel auf www.nacoa.de bekommen.

Die bundesweite Notrufnummer „Hilfe, meine Eltern trinken“ ist kostenlos: 0800-280 280 1

(täglich zwischen17 und 23 Uhr geschaltet und am Wochenende rund um die Uhr)

Bei .Alateen trifft man andere betroffene Jugendliche. Es gibt 40 Gruppen in Deutschland. www.alateen.de

Auf www.kidkit.de können die Kinder und Jugendlichen mit einem Beraterteam Kontakt aufnehmen.

Weitere Termine: SO, 07. September 2014, FR, 12. September 2014, DO, 18. September 2014, SO, 21. September 2014, MI, 24. September 2014, DO, 25. September 2014, DI, 30. September 2014, MI, 01. Oktober 2014, DO, 02. Oktober 2014, DI, 28. Oktober 2014, MI, 29. Oktober 2014 und DO, 30. Oktober 2014.

 

Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Drama um Liebe, Hass und Leidenschaft

Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)
Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)

Das Publikum erlebte bei der Premiere des Musik-Theaterprojekts „Außer Kontrolle: Carmen“ nach Georges Bizets Oper „Carmen“ (ab 14 Jahren) eine spannende und interessante Mischung aus Schauspiel, Oper und Rap. Nach „Glaube, Liebe, Holländer“ ist es die zweite Koproduktion des KJT Dortmund mit der jungen Oper Dortmund.

Die Regisseurin Brigitta Gillessen transformiert und verändert die Handlung der Oper in die Gegenwart. Die Hauptpersonen treffen hier auf engen Raum in einer Art Arena, inmitten des Publikums, aufeinander. Das Besondere ist, das José und Zuniga von Schauspielern verkörpert werden, Carmen, Micaela und Escamillo aber junge Opernsänger sind.

Carmen ist die Besitzerin des Clubs „La corrida“. Als ihr der junge Polizist José begegnet, verfällt er ihr sofort und ist bereit, seine Karriere und die Liebe zu seiner Verlobten Micaela, die ein Kind von ihm erwartet, aufs Spiel zu setzten. Als bei einer Razzia mit seinem korrupten Vorgesetzten Zuniga im Club Drogen gefunden werden, hilft er Carmen, die mit ihrer Mädchengang mit Drogen handelt, den Stoff verschwinden zu lassen. Da die Liebe wie ein wilder Vogel“ ist, verliebt sich Carmen bald unsterblich in den Superstar und Motorrad-Rennfahrer Escamillo vom Team „Toreador“. Das Chaos der Gefühle nimmt seinen Lauf und die Geschichte gerät außer Kontrolle….

 

Gillessen hat in ihrer Inszenierung die Figur der Micaela gegenüber der Oper aufgewertet.

Sie steht der starken, verruchten und verführerische Carmen, die für Freiheitsliebe, Unabhängigkeit und Abenteuer steht, als Gegenpol gegenüber. Sie eine Frau, für die Geborgenheit, Familie und Beständigkeit wichtig sind. José, der sich selbst nicht in der Gewalt hat und schon einmal suspendiert wurde, muss sich zwischen ihnen entscheiden. Das führt zu einem tragischem Ende.

 

Das Drama wird von außen vor allem für auch jüngere Zuhörer/innen ansprechend von den beiden Rappern „Der Wolf“ (Jens Albert) und Tim Gilenberg begleitet und kommentiert. Dabei übernimmt“Der Wolf“ den Part des „Teufelchen“, der José von den Vorzug einer Beziehung mir Carmen überzeugen will. Gilenberg als das „Engelchen“ warnt ihn dagegen vor ihr und den Folgen.

Hinter der Bar unterstreicht eine 13-köpfigers Kammerorchester unter der Leitung von Michael Hönes mit den bekannten „Musikhits“ aus der Oper mit einstudierten leichten Veränderungen. Nötig waren die vor allem bei der ergreifenden Arie von Micaela, als sie besingt, dass ihr das ungeborene Kind am Wichtigste ist und sie Stark macht. Stark auch die sensible Begleitung durch das Orchester im Hintergrund der Handlung.

Die drei jungen Sängerinnen und Sänger von der Folkwang-Hochschule Essen, Paulina Steinmeyer (Carmen), Engjellshe Duka (Micaela) und Christian Henneberg(Escamillo) boten sowohl vom gesanglichem Können wie auch im Schauspiel eine eindrucksvolle Leistung.

Besonders die beiden Frauen überzeugten in ihren Rollen als verführerische, stark Carmen, die weiß was sie will, und der für ihre kleine Familie und ihr Glück aufopfernd kämpfende Micaela.

Die beiden Schauspieler vom KJT, Steffen Happel (José) und Andreas Ksienzyk (Zuniga) als gut in das Spiel um Leidenschaft, Liebe und Gewalt ein. Happel spielte den José zunächst hin und hergerissen zwischen den beiden Frauen, dann als Mann, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat überzeugend. Ksienzyk mimte den auf seinen Vorteil bedachten korrupten Zuniga merklich mit viel Vergnügen.

Das Bühnenbild bot einiges zum Sehen. Wie eine Arena aufgebaut, konnten die Zuschauer das Spiel von drei Seiten erleben. An einem Ende befand sich das „Wohnzimmer“ von José und Micaela, am anderen Ende Carmens Club „La corrida“. So war es möglich beide weiblichen Hauptfiguren parallel zu erleben.

 

Eine bemerkenswerte Spielfreude zeigten auch die Mädchengang „Karincas“. Die Jugendlichen wurden aus einem der Projekte des Kulturrucksacks NRW ausgewählt.

 

So wird die Oper den Jugendlichen „schmackhaft“ gemacht. Mehr davon!

Weitere Termine am 30. März, 11., 12., 28., 29., 30. April, 02., 13., 14., 15. und 18. Mai 2014.

Karten und weitere Informationen unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Pinocchios Traum von der Menschwerdung

Gepetto (Andreas Ksienzyk) hat endlich seinen Sohn (Joeri Burger). Foto: © Birgit Hupfeld.
Gepetto (Andreas Ksienzyk) hat endlich seinen Sohn (Joeri Burger). Foto: © Birgit Hupfeld.

Es ist kaum zu glauben. Das Dortmunder Kinder-und Jugendtheater feiert in diesem Jahr schon sein 60-jähriges Bestehen. Die Premiere des diesjährigen Weihnachtsmärchens „Pinocchio“ am 14. November 2013 nach einer weltweit bekannten Erzählung von Carlo Collodi in der Bearbeitung vom Leiter des KJT Andreas Gruhn, bildete einen wunderbaren Rahmen zum Feiern im Dortmunder Schauspielhaus. Pinocchios Traum von der Menschwerdung weiterlesen