Stürmisches mit ohne Shakespeare

Nach der preisgekrönten Produktion „Peng!“ präsentierte die Theaterwerkstatt Westfalenkolleg ihr neuestes Werk „Der Sturm“. Ars tremonia war in der zweiten Vorstellung im Theater im Depot dabei. Es tanzten und spielten: Elikem Anyigba, Emilie Bieche, Sinan Burma, Jennifer Henke, Laura Gebauer, Mathis Pollmann, Sandy Schmidt, Marjorie Willer und Muazzez Yilmaz

Vergessen Sie bitte alles, was Sie von Shakespeare über den „Sturm“ kennen oder zu kennen glauben. Halt, vielleicht doch nicht alles. Ariel existiert und aus Prospero wurde eine herrlich böse Prospera. Selbstverständlich gibt es auch Gestrandete. Die Hauptfiguren sind also erhalten geblieben, aber ansonsten wurde den beteiligten Studierenden viel Platz zum Entwickeln eigener Ideen gelassen, den sie auszunutzen wussten. Denn im Prinzip geht das Stück darum, wie reagiert eine Gruppe von Menschen, die ohne Mobiltelefone (das einzige wurde sehr schnell über die Klippe geworfen) und andere zivilisatorische Annehmlichkeiten auf die Basis des Daseins zurückgeworfen wird.

Dabei ist das Stück keine „Robinsonade“, der Zuschauer hat viel eher das Gefühl einer sehr frühen Folge von „Lost“ zuzuschauen. Gruppendynamiken entstehen, einzelne Personen leben ihren Frust oder ihre Depressionen aus, es gibt Ängste und Gefahren (ja, Prospera kann wie ihr Shakespearesches Vorbild Menschen in den Schlaf versetzen), aber auch gemeinsame Freude und Tanz (Choreografien von Birgit Götz). Nur das Ende des etwa einstündigen Stückes kommt ein wenig abrupt und wie ein Rausschmiss daher. Denn wenn Ariel (im Original Prospero) in seinem Monolog erklärt, „unsre Spiele sind nun zu Ende. Diese unsere Schauspieler, wie ich euch vorhin sagte, sind alle Geister“ ist kurz darauf Schluss.

Doch vorher war es ein buntes Treiben mit überaus witzigen Szenen und skurrilen Figuren wie den Pauschalurlauber, der auf der Suche nach einem Urlaubsort mit vielen weiblichen Kontaktmöglichkeiten war über die Deprimierte, die sich liebend gerne von der 600 Meter hohen Klippe stürzen würde bis hin zur Frustrierten, der die ganze Situation ankotzt: „Ich sitze hier seit Stunden, seit Tagen, seit Wochen und schau mir den Bockmist an, den ihr mir serviert“.

Eine weitere Besonderheit der Produktion ist die Rolle der Prospera. Die Schauspielerin sitzt im Rollstuhl und trägt Fächer sowie eine Perücke mit Federn. Sie spielt eine missgünstige Prospera, die Menschen durch den Sturm zu sich auf die Insel holt, um Gesellschaft zu haben, der aber schnell langweilig wird.

Das Bühnenbild war spartanisch, aber effektiv. Eine Erhebung, auf der „Klippe“ geschrieben stand, ein Aquarium mit etwas Sand und ein Berg mit Liegestühlen, auf dem zunächst Ariel mit Schlagstöcken den Sturm entstehen lässt. Danach werden die Liegestühle als Requisite benutzt, beispielsweise in einer späteren Szene, in der deutlich wird, dass Liegestühle mit der Dauer auch unbequem werden können.

Im „Sturm“ gab es neben Tanz auch Musik, entweder über Lautsprecher oder aber gesungen wie „Ein Schiff wird kommen“ oder „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“.

Insgesamt war es ein kleines vergnügliches Stück über das Leben im Offline-Modus, das vom Publikum begeistert gefeiert wurde. Ähnlich wie „Peng!“ hatte es eine hohe Qualität und die Darsteller brachten sehr viel Spielfreude mit. Es gibt noch zwei Schulvorstellungen im Theater im Depot und zwar am 23.04.2015 um 12 Uhr und am 30.04.2015 um 12 Uhr (Eintritt: 5 € / 3 € für Schulklassen und Gruppen). Es bleibt sehr zu wünschen, dass es für dieses sehenswerte Stück noch weitere Termine gibt. Der Besuch ist einfach empfehlenswert.

Print Friendly, PDF & Email