Roy Villevoyes im Hintergrund mit seiner lebensechten Skulptur von Jean Paul.

Kunstankauf „The Searcher“ als besondere Erinnerungskultur

Mit der lebensgroßen Skulptur „The Searcher“ des niederländischen bildenden Künstlers und Filmemachers Roy Villevoyes hat die Sammlung des Museums Ostwall im Dortmunder U einen aufsehenerregenden Zuwachs erhalten. Zu sehen ist dieses Abbild eines beeindruckenden realen Menschen.

Es handelt sich um Jean Paul, der in einem kleinen Dorf in der Nähe von Verdun lebt und im echten Leben ein Suchender ist. Schon in jungen Jahren fand er in seiner näheren Umgebung auf den ehemaligen Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs viele Hinterlassenschaften der deutschen Soldaten, die er sammelte und archivierte. Gefunden hat er nicht nur Waffen, Kochtöpfe oder Kleidungsstücke – als grausige Hinterlassenschaft des Krieges liegen dort tausende vermisste Soldaten begraben.

Villevoye hat in seinen Film „After the Battle“ dem heutigen Umgang mit der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg nachgespürt. Ein wichtiger Protagonist ist dabei Jean Paul, der von einigen wohl als Sonderling und besessen angesehenen wird.

Es ist schon erschreckend und bezeichnend, dass über hundert Jahre nach diesem Krieg so viele Zeugnisse als mahnende Erinnerung immer noch in solch großer Menge, selbst an der Oberfläche zu finden sind. Diese lebensechte Skulptur Jean Pauls verbindet die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem einschneidende historische Ereignis aus der Vergangenheit mit der Gegenwart.

Roy Villevoyes im Hintergrund mit seiner lebensechten Skulptur von Jean Paul.
Roy Villevoyes im Hintergrund mit seiner lebensechten Skulptur von Jean Paul.

Um diese aufwendige, auf dem ersten Blick wie ein lebendiger Mensch wirkende Skulptur, in einer über fünf Monaten dauernden Arbeit erstellen zu können, halfen Villevoyes seine guten Kontakte zu seinem Künstlerfreund und Präparator aus Rotterdam Remie Bakker.

Als Team erschufen sie aus einem Stahlgerüst, Silikon und Styropor als Grundlage in akribisch genauer Rekonstruktion den Menschen Jean Paul.

In grüner Kleidung, mit Hut auf dem Kopf, mit Lehm verschmierten Regenstiefel und einem suchenden Blick, so ist die menschliche Skulptur in der aktuellen Sammlungspräsentation „Fast wie im echten Leben“ in der Abteilung „Freund oder Feind? – „Wir“ und „die Anderen“ zu sehen.

Die Kleidung stammt wie die Barthaare im Gesicht original von Jean Paul. In der Hand hält er eine Lange Schaufel zum Graben mit einem Soldatenhelm am Ende. Außerdem noch Dinge wie etwa ein Eimer mit Stacheldrahtzaunresten, ein durchgeschossenes Wellblechdach, was als Schutz dienen sollte und alte Helme der Soldaten.

Die gefundenen „Gegenstände des Krieges“ haften nicht nur an der Skulptur, sondern fordern zu einer Auseinandersetzung mit Themen wie Grausamkeit von kriegerischen Auseinandersetzungen, Kriegsvermeidung, und Sinnlosigkeit des Soldatentodes auf.

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