Ein apokalyptisches Oratorium

Am Samstag, den 12.11.2016 wurde in der Dortmunder St. Reinoldi Kirche das Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ von dem österreichischen Komponisten Franz Schmidt (1874–1939) aufgeführt. Ein seltenes Erlebnis in Deutschland.

In Zusammenarbeit mit dem Klangvokal Musikfestival dieser Stadt, dem Dortmunder Bachchor an St. Reinoldi und der Neuen Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Klaus Eldert war dies ein beeindruckendes musikalisches Ereignis und eine Anspruchsvolle Aufgabe. Die schwierigen Gesangparts übernahmen der Tenor Luca Martin als Johannes, Sopranistin Martina Schilling (Wesen, Engel, Tochter), Altstimme Maria Hilmes (Wesen, Engel, Mutter), Tenor Markus Francke (Wesen, Engel, Überlebender) und als als tiefer Bass Philipp Meierhofer (Stimme des Hern, Wesen, schwarzer Ritter, Überlebender). Das Zusammenspiel wurde dem Publikum die gesamte Facette der Offenbarung musikalisch vor Augen geführt.

Der Seher Johannes sieht als eine Vision vor Gottes Thron Christus als Lamm. Nur dieses Lamm ist würdig, das siebenfach versiegelte Buch mit den Offenbarungen über zukünftige Geschehnisse aus Gotteshand entgegenzunehmen und sie zu öffnen. Nach der ersten sechs Siegel zeigt sich, dass die Menschheit immer mehr in Dunkelheit, Krieg, Krankheit und großer Verzweiflung verfällt. Die wenigen Gläubigen Menschen hören von Gott nur den Rat, noch weiter durchzuhalten und auf Gerechtigkeit am Tage de jüngsten Gerichts zu verharren und zu vertrauen. Das ganze geschehen wird musikalisch eindringlich ausgemalt.

Im zweiten Teil wird das siebte Siegel geöffnet und nach kurzer musikalischer Stille blasen die sieben „Posaunenengel“ mit einem infernalisch-schaurigem Appell zum Jüngsten Gericht. Die „Gerechten“ erlangen danach das „ewige Leben“ und der Weg ist frei für „einen neuen Himmel und eine neue Erde“. Nun beruhigt sich auch der musikalische Hintergrund langsam und Gott verspricht am Ende allen überlebenden „Gerechten“ die Überwindung von Tod und jedwedem Leid.

Musikalisch grandios ist das „Das Buch mit sieben Siegeln“ inhaltlich jedoch durchaus fragwürdig

Mag für gläubige Menschen die Hoffnung auf ein jüngstes Gericht in der Zukunft, dass alles Leiden auf der Welt beendet tröstlich sein, verführt diese fatalistische Einstellung doch zu einem passiven Ausharren.

Die „sündigen und vom Teufel verführten“ Menschen werden als von Gotteswillen abhängig gesehen, die unvermeidlich der „Götterdämmerung“ entgegen gehen. In der Historie gibt es viele Beispiel für Berechnungsversuche der Apokalypse.

Menschen sind hier nicht selbstbewusste, selbstbestimmte und aufgeklärte Wesen, die ihr Schicksal und die Verhältnisse auf ihrem Planeten auch mitbestimmen können. Wie heißt da noch im Text der Internationale?

„Es rettet uns kein hö’hres Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!

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