Berührendes Melodrama in der Oper

Keine Chance für die Zukunft haben Violetta  (Eleonore Marguerre) und Alfredo (Ovidiu Purcel). Foto: © Thomas Jauk.
Keine Chance für die Zukunft haben Violetta (Eleonore Marguerre) und Alfredo (Ovidiu Purcel). Foto: © Thomas Jauk.

Am 28. November 2015 war Premiere von Giuseppe Verdis berühmten „La Traviata“ (Die vom Weg Abgekommene) nach der „Kameliendame“ „Alexandre Dumas fils) in der Oper Dortmund.

Die junge Regisseurin Tina Lanik legte den Schwerpunkt ihrer Inszenierung auf die Darstellung der Pariser Edelprostituierten Violetta Valéry als Einsame, oberflächlich lebende aber sensiblen Frau mit weichem Herz, die alles was sie macht, radikal bis zum Ende durchzieht. Die tödliche Krankheit Tuberkulose liegt dabei immer wie ein Schatten über ihr Leben.

Violetta lässt sich von den Liebesbekundungen Alfredo Germont, seinem hartnäckigen Werben berühren und wagt eine radikale Änderung ihres bisherigen Lebenswandels. Sie zieht mit Alfredo in ein Landhaus und erlebt ein kurzes Glück als dessen treue Lebensgefährtin. Diese scheinbare Idylle wird jedoch abrupt durch Alfredos Vater, dem Geschäftsmann Giorgio Germont, gestört. Der herrische Patriarch der aufkommenden Bourgeoisie verlangt von ihr, sich von seinem Sohn zu trennen, um die „Ehre“ seiner Familie wieder herzustellen. Überrascht erkennt Giorgio, dass Violetta so gar nicht in die Schablone der „ausgebufften Betrügerin und raffgierigen Prostituierten“ entspricht, sondern eine liebende Frau ist, die für den gemeinsamen Lebensunterhalt selber aufkommt. Trotz seiner Zuneigung für Violetta, setzt Alfredos Vater gnadenlos seine Interessen durch. Nun beginnt die nächste Wandlung der Violetta, zu einer Verzichtenden. Nach anfänglichen Zögern willigt sie ein, sich radikal von Alfredo zu trennen, wenn sein Vater ihm nur nach ihrem Tod von ihrem großen Opfer aus Liebe erzählt. Sie macht Alfredo vor, einen anderen zu lieben. Der ist voll rasender Eifersucht und wie ein trotziges Kind wirft ihr das beim Spiel gewonnen Geld vor die Füße verschwindet später ins Ausland. Kurz vor ihrem Tod erfährt er die ganze Wahrheit über Violettas Verzicht, kommt zu ihr und möchte krampfhaft an eine gemeinsame Zukunft glauben. Es ist aber zu spät. Wie sein herbeigeeilter Vater, die treue Freundin und Haushälterin Annina und der Doktor können sie nur zusehen, wie sie stirbt.

Eleonore Marguerre, bekannt aus verschiedenen Produktionen (wie beispielsweise Don Giovanni), überzeugte nicht nur bei der Bewältigung der hohen gesanglichen Herausforderung, sondern auch durch ihre intensive und sensiblen Darstellung der Violetta Valéry in ihrer Verzweiflung, Sehnsüchten, Radikalität und Einsamkeit. Drastisch zum Beispiel, als sie ihre blonde Perücke und Kleidung als Zeichen für das Ende ihres Leben als Edelprostituierte ablegt. Als Vertretung für den erkrankten Tenor Lucian Krasznec sprang Ovidiu Purcel von der Rheinoper als Alfredo Germont. Mit weichem Timbre und viel Emotionen stellte er www.theaterdo.desowohl den verliebten als auch eifersüchtig-beleidigten Alfredo dar. Mit großer Bariton-Stimme und Präsenz auf der Bühne begeisterte Sangmin Lee als Giorgio Germont.

Ein großes Kompliment dem Opernchor des Theaters Dortmund unter der Leitung von Manel Pujol. Die Damen und Herren hatten ihren großen Auftritt im zweiten Akt als „Zigeunerinnen“ und „Matadore“. Zusammen mit Natascha Valentin als Flora Bervoix und Morgan Moody als Marquis d’Obigny sorgten sie für ordentlich Feierstimmung. Die weiteren Nebenrollen in „La Traviata“ fügten sich mit ihren Leistungen in das gelungene Gesamtbild ein.

Die Kostüme waren zeitgenössisch, raffiniert und bei der Farbauswahl mit Bedacht ausgewählt.

Die Bühnenausstattung war mit wenigen, stimmungsvollen Elementen wie zum Beispiel ein loderndes Feuer dezent ausgewählt.

Die Dortmunder Philharmoniker begleiteten das Geschehen musikalisch unter der Leitung von Motonori Kobayashi mit Sicherheit und Gespür für die jeweilige Stimmungslage. Die Inszenierung zeigte nicht nur das Schablonendenken der sogenannten „besseren Gesellschaft“, die Violetta keine Chance gibt, auf, sondern entlarvt auch deren gnadenlose Heuchelei und verbreiteten Voyeurismus. Ein leider immer (noch) aktuelles Thema.

Ein gelungener und begeistert gefeierte Abend für alle Opernfans.

Infos und Termine unter www.theaterdo.de

 

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