Aphorismen, Goethe und Menschenfischer

Wenn ein Interview komplett aus dem Ruder läuft: "Menschenfischer" von Markus Veith. (Cover: © OCM-Verlag)
Wenn ein Interview komplett aus dem Ruder läuft: „Menschenfischer“ von Markus Veith. (Cover: © OCM-Verlag)

Nach seinem Roman „Eulenspiegels Enkel“, das in Versform erschien, wagte sich Markus Veith an einen Thriller mit dem Titel „Menschenfischer“. In 328 Seiten geht es um eine merkwürdige Organisation von Außenseitern, den Menschenfischern, die hinter einem Anschlag an Rosenmontag stecken sollen. Das Buch spielt zwar nicht explizit in Dortmund, doch vieles deutet darauf hin.

 

Eins muss man Veith lassen. Er überrascht gerne, sein Roman in Versform war außergewöhnlich, und außergewöhnliche Ideen hat er auch in „Menschenfischer“ eingebaut. So teilt er seinen Thriller nicht in einfache Kapitel, sondern sie heißen „Gründonnerstag“, „Karfreitag“, „Karsamstag“ und „Ostersonntag“. Hier wird klar, wann die Handlung spielt.

Der „Gründonnerstag“ gleich zu Beginn nimmt fast die Hälfte des Buches ein. Veith findet einen interessanten Kniff, indem er den Zeitungsvolontär und Nachwuchsschriftsteller Patric ein Interview führen lässt, das plötzlich immer weiter ausufert. Das ist ein kleines Manko, denn wir werden mit Informationen bombardiert, mit Nebenstorys und plötzlichen Ortswechseln, dass ich mich gefragt habe: Wieso macht das eine Volontär wie Patric rund acht Stunden mit? Kein Anruf aus der Redaktion? Kein Melden bei der Redaktion? Kein: Bleiben wir mal beim Thema? Es kann ja sein, dass ein Interview mit einer Künstlerin Eindruck auf einen Praktikanten macht, aber dafür seinen Job riskieren? Jedenfalls fühlt sich der Leser nach dem Kapitel ähnlich wie Patric: Voll mit unverarbeiteten Informationen.

 

Nachdem man sich durch das erste Kapitel durchgebissen hat, nimmt der Thriller langsam, aber sicher Fahrt auf. Veith führt hier die Ausbildungsredakteurin Britta und vor allem den Chefredakteur Brinkmann ein, die der Geschichte auf den Zahn fühlen. Die Geschichte gewinnt an Dynamik und Zug. Den Spuren wird nachgegangen, die Geschichte auf Unstimmigkeiten überprüft.

 

In „Menschenfischer“ wird Veiths Vorliebe für den Dichterfürst (Volontär Patric hat im Schultheater den Faust gespielt) deutlich sichtbar. Ein anderer Schriftsteller, der eine wichtige Rolle im Buch spielt ist Stanislaw Jerzy Lec. Wer Aphorismen liebt, wird im Buch fündig.

 

Für mich war es ein Manko, dass ich nicht mit einer Figur „mitleiden“ konnte. Patric, der im ersten Teil, die Hauptfigur ist, agiert zu passiv, lässt sich mitschleifen und seine Psychose(n) machen es auch nicht einfacher. Zudem wird er im Laufe der weiteren Teile immer mehr zur Nebenfigur. Britta und Brechtmann spielen einfach nicht die wichtige Rolle, um mit ihnen mitzufiebern.

 

Wer Goethe liebt, vor allem den „Faust“, und auf Aphorismen steht, sollte durchaus mal einen Blick riskieren.

 

Markus Veith

Menschenfischer

OCM-Verlag

ISBN 978-3-9426272-19-1

15,90 €

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